Heft 
(2022) 113
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134 Fontane Blätter 113 Freie Formen einer ersten»Wanderung durch die Mark Brandenburg« gegeben hat. Als Untertertianer nämlich so erinnert sich Fontane in seinem 1894 publizier­ten Beitrag zu der Geschichte des Erstlingswerks. Das Schlachtfeld von Groß=Beeren 15 hatte er an einem Samstagnachmittag eine Fußpartie nach dem drei Meilen südlich von Berlin liegenden Dorf Löwenbruch gemacht, »um mich daselbst, einen Taglang, all meiner Schulsorgen, unter den ein ›Deutscher Aufsatz nach selbstgewähltem Thema‹ voranstand, zu entschla­gen.« 16 Müde von der langen Wanderung ruht er sich gegen Abend auf ei­nem Haufen zusammengeharkter kleiner Chausseesteine aus. Angesichts des dünnen Abendnebels, der sich langsam über frisch gepflügte Äcker auf die leise ansteigende Großbeerener Kirchhofshöhe hin bewegt, bewegen den müden Jungen innere Bilder: Über eben dieses Feld hin, waren zwanzig Jahre früher(es stimmte fast auf den Tag) unsre preußischen Bataillone, meist Landwehr, unter strö­mendem Regen angerückt, auch auf jene Großbeerener Kirche zu, den­selben Weg, den jetzt die Nebel zogen. 17 Kein Wunder. Denn mit dieser im Laufe der Befreiungskriege gegen Napo­ leon am 23. August 1813 vor den Toren Berlins geschlagenen Schlacht war Theodor Fontane auf eine besondere Weise verbunden.»Mehr aber als all dies auf die Schlacht selbst Bezügliche,« so erinnert er sich, war mir, aus frühesten Kindheitserzählungen her, ein kleiner Vorgang in Erinnerung geblieben, den meine Mutter, am Tage nach der Großbee­ ren Affaire, persönlich erlebt hatte. Die war damals, noch halb ein Kind, mit auf das Schlachtfeld hinausgefahren, um den Verwundeten Hilfe zu leisten, und der erste, dessen sie gewahr geworden, war ein blutjunger Franzose gewesen, der kaum noch einen Athemzug in der Brust sich, als er sich plötzlich in seiner Sprache angeredet hörte, wie verklärt auf­gerichtet hatte. Dann mit der einen Hand den Becher Wein, mit der an­deren die Hand meiner Mutter haltend, war er, eh er trinken konnte, gestorben. 18 Nun hat der Untertertianer ein Thema und kann am nächsten Tag den ge­fürchteten»›Deutsche[n] Aufsatz nach selbstgewähltem Thema‹« schreiben und mit Beginn der neuen Schulwoche dem Lehrer vorlegen. Die bewegende Kindheitserzählung der Mutter wird er vermutlich nicht aufgenommen ha­ben, stattdessen oder ist dies auch wieder nur auf seinen typischen Be­scheidenheitsgestus 19 zurückzuführen habe er ein»phantastisches Skrip­tum« abgegeben, 20 dem es, die Wahrheit zu gestehn, an Anklängen an die Zedlitzsche »Nächtliche Heerschau« nicht fehlte. Der Tambour ging in einem fort wirbelnd um und die Knochenhände streckten, mehr als nöthig, die lan­gen Schwerter empor. Denn Cavallerie war kaum zur Aktion gekommen. Dennoch: Nach acht Tagen erhielt ich aus den Händen Philipp Wackernagels, mei-