Heft 
(2022) 113
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160 Fontane Blätter 113 Rezensionen Reihe Die Andere Bibliothek vom Berliner Aufbau-Verlag publiziert. Damit liegt die ambitionierte Nachdichtung des jungen Apotheken-Eleven, der sich in den 1840er-Jahren mit dieser und vergleichbaren Arbeiten als Schrift­steller zu profilieren versuchte, erstmals als Buchausgabe vor. Zwar klagte Fontane in seinen Erinnerungen Von Zwanzig bis Dreißig, dass die Überset­zung, die zu verwerten ihm selbst nicht gelang, später als Raubdruck er­schienen sei, eine solche Ausgabe ist aber bisher nicht nachgewiesen. Dank der 2021 erschienenen Edition können wir nun den Roman in der Diktion Fontanes lesen, den der heute bekannteste deutsche Autor des späten 19. Jahrhunderts so anregend und wichtig fand, dass er sich der Mühe un­terzog, ihn nachzudichten und seinen Landsleuten zur Kenntnis zu bringen. Gores Roman wurde 1842 unter dem Titel Abednego the Money-Lender in der Zeitschrift Taits Edinburgh Magazine 1 erstmals veröffentlicht. Die erste Buchausgabe erschien 1843 in London bei Henry Colburn, nunmehr mit dem Titel The Money-Lender. 2 Die erste deutsche Übersetzung wurde 1846 in Stuttgart in der von Carl Spindler herausgegebenen Reihe»Das bel­letristische Ausland« der Franckhschen Buchhandlung veröffentlicht; sie stammte von Ludwig Hauff und trug den Titel Der Geldverleiher. 3 Fontanes Übersetzung erschien nun ebenfalls unter dem Titel Der Geldverleiher, ob­wohl er seine Version nach dem Zeitschriftenabdruck Abednego. Der Pfandleiher genannt hatte. Diese Herausgeber-Entscheidung ist editions­philologisch wenigstens zu hinterfragen. Auch in dem von der Buchausga­be abweichenden Schluss folgte Fontane der Version von Taits Edinburgh Magazine, 4 die fehlerhafte Kapitelzählung 5 ist bei ihm allerdings korrigiert. Das 220 Bl. umfassende Manuskript Fontanes, das seit 1909 zum Be­stand des Märkischen Museums gehörte, ist leider seit dem Zweiten Welt­ krieg verschollen. 6 Dass der Text jetzt publiziert werden konnte, ist der Geistesgegenwart Friedrich Fontanes zu verdanken, der 1909 während der Ankauf-Verhandlungen mit einem Beauftragten der damaligen Besitzerin eine maschinenschriftliche Abschrift nahm bzw. nehmen ließ. Dieses Typo­skript ist heute im Bestand des Theodor-Fontane-Archivs unter der Signa­tur Na 7 überliefert. Es ist die einzige Quelle für Fontanes Übersetzung, nach der der Text jetzt auch publiziert wurde. Erschienen ist Fontanes Übersetzung in der von Hans Magnus Enzens­ berger und Franz Greno begründeten bibliophilen Reihe»Die Andere Bib­ liothek «, in der seit 1985 monatlich ein besonders ausgewähltes und gestal­tetes Werk in limitierter Auflage publiziert wird. Der Band ist, wie alle Nummern der Reihe, gediegen ausgestattet, mit Fadenheftung, einem Lese­bändchen, schönem blauem Leinen-Einband, der wie eine klassische Frucht in der modernen Schale einer mit schreienden Farbkontrasten alarmieren­den ›Buchschlaufe‹ steckt, einem etwas unpraktischen Halb-Schuber ohne Rückendeckung. Ein Schutzumschlag hätte dem Band wohlgetan. Aber das ist nun mal nicht Usus in dieser Reihe.