Heft 
(2022) 114
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Fontane zum Tode Ludwig Metzels  Muhs 13 »Auch Fontane kommt gegen Zusage nicht und Geheimrath Metzel, der eine Operation überstanden.« Statt seiner war wenigstens sein Sohn erschienen (»Kammergerichtsrat Metzel, allem Anschein nach sehr netter Mann«), um die Nachricht von der Verhinderung seines Vaters zu überbringen. 16 Holtze zufolge hatte sich bei Metzel eine»Balggeschwulst am Kopfe« gebildet. Der chirurgische Eingriff habe»in seiner Dienstwohnung im Herrenhause in der Leipziger Straße« stattgefunden,»verlief glänzend und der aus der Be­täubung Erwachte verlangte nach einer Prise.« 17 Richtig erholen sollte er sich jedoch nicht mehr, und knapp drei Wochen später war Metzel tot. Einige Zeit nach seinem Kondolenzbrief hat Fontane dem Verstorbenen noch eine Art Nachruf gewidmet. Ein Fragment des unvollendet gebliebe­nen dritten Bandes seiner Autobiographie schildert die langjährige Bezie­hung des Dichters zu der vornehmen katholischen Familie von Wangen­heim, die er über das Presseamt kennengelernt hatte. Unvermutet sei Metzel eines Tages zu ihm gekommen mit der»Anfrage, ob ich mich wohl ent­schließen könnte, vier jungen Damen einmal wöchentlich Privatunterricht zu geben und zwar in sämtlichen Disziplinen. Schulmeister für alles.« Mit Übernahme dieser Hauslehrerstelle sollte sich Fontanes Einkommen auf einen Schlag verdoppeln, was ihn nicht nur aus einer akuten Geldklemme erlöst, sondern auch für die Monotonie seiner Tätigkeit in der Centralstelle entschädigt habe:»Statt 40 Zeitungen, eine immer schrecklicher als die an­dere, vier junge Mädchen(Geheimratstöchter), eine immer liebenswürdi­ger als die andere! Teurer Geheimer Rat Metzel, wieviel verdanke ich dir, dieser Befreiungsakt, das war doch das Schönste.« 18 Es tut dem Ausdruck der Dankbarkeit keinen Abbruch festzustellen, dass Metzel, den der Dichter übrigens zu Lebzeiten nie zu duzen gewagt hätte, nur der Überbringer der guten Nachricht gewesen war. In Wahrheit hatte nämlich Ministerpräsi­dent Manteuffel die Vermittlung an das Haus Wangenheim in die Wege ge­leitet. Grund genug, Metzel dankbar zu sein, hatte Fontane so oder so. Dass sein kurzer Kondolenzbrief jetzt bekannt geworden ist, verdankt sich einer Kette von Zufällen. Das alte Herrenhausgebäude, in dem Metzel gewirkt und gelebt hat, steht längst nicht mehr. 19 Es wurde Anfang des 20. Jahrhun­derts(unter Umpflanzung der Eiben) durch einen Neubau ersetzt, in dem seit 2000 der Bundesrat residiert. Obwohl die bundesdeutsche Länderver­tretung insofern weder baulich noch politisch in direkter Kontinuität zum preußischen Herrenhaus steht, hat Antje Lorenz als Leiterin des Besucher­dienstes ein lebhaftes Interesse für alles entwickelt, was an Häusern, Institu­tionen und Personen mit der Adresse Leipziger Straße 3 verbunden war und ist. 20 Als ihr der behandelnde Betriebsarzt daher bei Gelegenheit einer Grippeschutzimpfung erzählte, dass seine Mutter, Dr. Marie-Luise ­Bertschat, eine Urenkelin Metzels ist, ergab sich daraus eine im Internet dokumentierte»Geschichtsstunde der Extraklasse«. 21 Aufhorchen ließ