Heft 
(2022) 114
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58 Fontane Blätter 114 Dossier: Fontanes Fragmente reits in einem frühen Stadium der Textproduktion für die Vermittlung des zentralen thematischen Gedankens eine Dialogszene entworfen und andeu­tungsweise auch schon ausgeführt wird. Gut bekannt ist das Beispiel aus Allerlei Glück: Die entscheidende Unterhaltung, in der der Plan des Romans dargelegt wird, wird schon in den ersten Kapiteln des 2. Buches(als Onkel Wilhelm zurückgekehrt ist) zwischen Onkel Wilhelm und seinem Neffen Karl(?) geführt. Onkel Wilhelm sagt: es giebt allerlei Glück, und es giebt sogar allerlei Moral. Dies steht im nächsten Zusammenhang. Denn an unsrem sittli­chen Zustand unsrer Moral ­hängt unser Frieden und an unsrem Frie­den hängt unser Glück. Aber unsre Moral ist so mannigfach wie unser Glück. Es giebt nicht Formeln dafür,|die überall hin passen; für den ei­nen paßt dies, für den andern das. Schon die Bibel spricht das sehr schön aus:»wem viel gegeben wurde, von dem wird viel gefordert.« Da­rin liegt es. Karl erwiedert. Es giebt aber doch ein Sittengesetz und ganz bestimmte Gebote.(F I, 116) Variationen und Nuancierungen des heterodiegetischen, nicht fokalisierten Erzählers, wie man sie aus dem Romanwerk kennt, sind in den Fragmenten ebenfalls zu entdecken, etwa eine Tendenz zum partiellen Gebrauch der ex­ternen Fokalisierung. Dies betrifft nicht nur die Gesprächsszenen, sondern auch Vorgangsbeschreibungen, die zunächst vom Standpunkt eines teil­nehmenden Beobachters aus geschildert werden, bis dann langsam der epi­stemische Vorsprung eines Erzählers mit Nullfokalisierung zum Tragen kommt. Ein Beispiel dafür, das an die Eröffnungsszene aus Cécile erinnert, liefert der Plan zu Thusnelda Lehmann: »Eujeen, Eujeen.« »Hier, Mutta.« »Verdammte Kröte, wo bist Du denn?« »Hier, Mutta.« »Wo denn?« »Hier.« »Na, son Aas.« Und damit brach (1) eine Familien-Unterhaltung ab, (2) ein Gespräch ab das über ein Treppengeländer hin vom zweiten Stockwerk ­nach unten in den Hausflur hinein gehalten worden war. Das Haus war natürlich ein Berliner Haus, Krausenstraße 24 und zählte nicht gerade haute volée zu seinen Bewohnern[...].(F I, 244–245) In beschreibenden Passagen macht Fontane gerne von einem solchen Erzäh­ler Gebrauch, der sich in die Szene des Vorgangs versetzt und die Ereignisse