Dankesrede Sagarra 149 II. Was mir am Ende Fontane bedeutete und bedeutet Was mich gerade als irische Germanistin immer wieder an Theodor Fonta ne erfreut, ist seine Lust am Menschen – niemand, aber auch niemand ist unserem Autor uninteressant: Wie kaum ein anderer deutscher Schriftsteller weiß er jede und jeden, auch die scheinbar langweiligsten Figuren, in ihrer Individualität so präsent zu machen, dass wir, seine Leser, meinen, ihnen in der Tat begegnet zu sein. Wie kunstvoll, im Detail und überhaupt, vermittelt der Dichter ihre Physionomien und zeigt uns, wie sie eigentlich aussehen, ohne sie, wie andere Schriftsteller, einfach nur zu beschreiben: Irgendwie ›weiß‹ ich als Leserin, dass Melusine verführerisch dunkle Augen hat, Oceane von Parceval glasartig grüne und Olga Pittelkow eine Stubsnase, genau wie ich ›weiß‹, dass Schach wohl schlechte Zähne haben muss, die Domina Stechlin hingegen längliche, aber bissgerechte. Nichts von all dem muss uns der Text wörtlich belegen. Summa summarum: Alles in allem – es war sehr viel: Über die letzten sechs Dezennien hat der Dichter mir Unvergessliches geschenkt, direkt, durch sein Werk, und indirekt, durch die weltweite Fontane -Gemeinschaft, die Sie, verehrtes Publikum, heute hier in nuce vertreten. Denn Theodor Fontane , der Mensch und sein Werk, sind mir gewesen, wie es in seinem Spätgedicht an Marie von Gagern heißt: […] Träger glücklicher Stunden, Ich habe sie hier wiedergefunden Und schlinge mich ein in[I]hren Reihn, Froh noch einmal in[I]hrer Mitte zu sein. 12 Für diese wunderbare Ehre danke ich Ihnen von Herzen!
Heft
(2022) 114
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