Heft 
(2022) 114
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160 Fontane Blätter 114 Rezensionen Friederike Wein: Neues zu Grete Minde. Rechtsfall Akten Fakten. Würzburg : Königshausen& Neumann 2021(Fontane a na, Bd. 18). 750 S. 78 Mit diesem Band legt Friederike Wein die Druckfassung ihrer 2017 vom Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften an der Freien Universi­tät Berlin angenommenen Promotionsschrift vor. Im Fokus ihrer For­schungsarbeit stand die Transkription und wissenschaftliche Kommentie­rung der im Archiv der Stadt Tangermünde an der Elbe verwahrten Prozessakten, die mehrere Brandstiftungen während der ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts zum Gegenstand haben. Die bekannteste Angeklagte war die Patriziertochter Margarete(von) Minden (um 1593–22. März 1619), an deren Namen man sich in Tangermünde bis heute erinnert und die vor allem durch Fontanes Novelle Grete Minde auch in die Literatur Eingang gefunden hat. Dabei ist ihre Schuld an dem Brand, der am 13. September 1617 Tangermünde in Schutt und Asche legte, keinesfalls bewiesen und, um es gleich vorweg zu sagen, auch Friederike Wein als eine der wohl besten Kennerinnen der historischen Fakten hält sich mit einem Urteil zurück. Die Promotionsschrift war vornehmlich als editionswissenschaftliche Arbeit angelegt. Der erste T eil ist deshalb den transkribierten Texten gewid­met. Ein zweiter T eil enthält die ausführlichen Einzelstellenkommentare. Den abschließenden dritten T eil hat die Autorin»Monographie« überschrie­ben. Hier finden die Leserinnen und Leser Erläuterungen zu den erwähnten Personen, zu allgemeineren Problemen bei der editorischen Bearbeitung von Gerichtsakten, zur Geschichte von Stadtbränden in der Frühen Neuzeit und den Regeln für die Brandprozesse, zur Geschichte der Familie Minde(n) und schließlich zu Theodor Fontanes Novelle Grete Minde . Allein diese grobe Übersicht zeigt, welchen Herausforderungen sich die Verfasserin zu stellen hatte. Für die wissenschaftliche Edition von histori­schen Prozessakten gibt es so gut wie keine Vorbilder. Wohl hat der Jurist Ludolf Parisius (1827–1900) die Tangermünder Akten studiert und für seine Bilder aus der Altmark(1883) mit dem Ziel einer»Ehrenrettung« der Ange­klagten ausgewertet. Auch der Pädagoge und Heimatforscher Wilhelm Däther(1874–1968) veröffentlichte Teile des Aktenkonvolutes in seiner Schrift Der Prozeß gegen Margarete Minden und Genossen. Ein dunkles Ka­pitel Tangermünder Stadtgeschichte(1931; neue Ausgabe 2005). Diese Dru­cke konnten allerdings für die wissenschaftliche Edition der historischen Quellen nicht als Muster dienen(vgl. S. 286). Die vorliegende Arbeit liefert über die Edition der Akten hinaus Einblicke in die Rechts- und Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit sowie, mit Blick auf die Altmark und Tangermünde , auch in die Regional- und Stadtgeschichte. Der erste T eil enthält insgesamt 158 transkribierte Prozessaktenstücke, dazu sieben historische Inschriften im Stadtbild von Tangermünde und sie-