Theodor-Fontane-Archiv wieder unter brandenburgischer Landesverwaltung
Im Jahre 1935 hatte die Brandenburgische Provinzialverwaltung umfangreiche Nachlaßbestände Theodor Fontanes von den Nachkommen käuflich erworben und das Theodor-Fontane-Archiv als öffentliche Einrichtung gegründet. Das der Brandenburgischen Landesbibliothek zugeordnete Archiv - nach 1945 durch Kriegsverluste erheblich dezimiert - wurde nach dem Kriege unter Leitung von Joachim Schobeß durch staatliche und private Förderung wieder aufgebaut und 1969 der Deutschen Staatsbibliothek in Berlin angeschlossen. (Vgl. Fontane-Blätter, Bd. 6 (1986) H. 3, S. 325 ff.)
Mit Jahresbeginn 1992 wurde es wieder in die Verwaltung des Landes Brandenburg zurückgeführt und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur unterstellt. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am 28.2.1992 zwischen dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Herrn Prof. Werner Knopp und dem Wissenschaftsminister des Landes Brandenburg, Herrn Hinrich Enderlein, unterzeichnet. Damit konnte die Erhaltung der einmaligen Fontane-Sammlungen am alten Standort, die Arbeitsfähigkeit des Archivs wie auch die Herausgabe der Zeitschrift "Fontane-Blätter" gesichert werden.
Mit der durch den Rechtsträgerwechsel erlangten Selbständigkeit des Ardrivs wurde eine der entscheidenden Voraussetzungen für den weiteren Auf- und Ausbau und die Wirkungsfähigkeit dieser Kultureinrichtung als zentrale Sammlungs-, Forschungs- und Publikationsstelle des Fontaneschen Schrifttums geschaffen.
Bereits Anfang der 60er Jahre hatten die Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin, die Deutsche Staatsbibliothek sowie die Berliner Ratsbibliothek den überwiegenden Teil ihrer Fontane-Bestände leihweise dem Potsdamer Fontane-Archiv zur Nutzung übergeben, um dessen katastrophale Kriegsverluste (ca. 70 % des handschriftlichen Bestandes) zu mildern und um die Forschung durch die Bildung einer zentralen Sammlungsstelle effektiv zu unterstützen. Erst dadurch konnte sich das Fontane-Archiv zu einem international anerkannten Literaturarchiv entwickeln und einen wesentlichen Beitrag für die Forschung und Publikation - weit über die damaligen Grenzen hinaus - auch praktisch leisten. Heute kann die Pflege und Verbreitung des geistigen Erbes Theodor Fontanes mehr denn je die kulturell-soziale Identität der Bürger des Bundeslandes Brandenburg fördern; gleichzeitig jedoch vermittelt sein künstlerisches Gesamtwerk Anregungen für unterschiedlichste Rezeptions- und Adaptionsformen bei Lesern, Künstlern und Wissenschaftlern im In- und Ausland.
Deshalb bleibt zu hoffen, daß auch die Leihgaben der anderen Bibliotheken im Interesse einer rationellen wissenschaftlichen Arbeit weiterhin im Fontane-Archiv verfügbar bleiben, zumal das Land Brandenburg inzwischen die längst notwendigen sicherheitstechnischen und konservatorischen Maßnahmen für die Aufbewahrung und Pflege der Bestände getroffen hat. Und schließlich wäre ein Entgegenkommen der Berliner Bibliotheken für die Beibehaltung einer zentralen Sammlungs- und Forschungsstelle ein beispielgebendes Zeichen für die künftige wissenschaftlich-kulturelle Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg.
M. Horlitz
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