Theodor Fontane: Potsdam
Ein Entwurf. Herausgegeben von Gotthard Erler, Berlin
Potsdam.
Berlin ist eine große Stadt, auch voll eigenthümliche[r] Züge, der preußische Geist ist darin zu Haus, aber nicht die preußischen Institutionen, die erst jenen preußischen Geist (der anfangs etwas blos persönliches war) erzeugten.
Potsdam, mehr als irgend ein andrer Punkt, ist die Geburtsstätte des preußischen Staats und unterscheidet sich schon dadurch erheblich von Berlin.
[Potsdam] ... von welcher Seite her man auch vorgehen mag, landschaftlich, architektonisch, historisch - es bietet dem Auge nichts Neues mehr. Nichts Neues mehr und doch immer der alte Zauber und in derselben Weise wie der junge Künstler wenn er hinaustritt in die Campagna und am östlichen Horizont die fernen Linien des Albaner-Gebirges sich hinziehen sieht alle Vorsätze vergißt und das 1000 mal in Strichen festgehaltene doch zum 1001. Mal in sein Skizzenbuch zeichnet zu seiner und andrer Freude, so versuch auch ich das 100 mal Beschriebene aufs Neue zu beschreiben, in der stillen Hoffnung: so war es noch nie. Der Maler, aller Vorsätze uner- achtet, zieht jene blauen Linien in der stillen Hoffnung: so sah es noch keiner, so zog noch nie dieser blaue Dämmer herauf und die eitle Hoffnung beschleicht auch mich: diese Dinge vielleicht anders gesehn zu haben als andre. Denn auch diese Dinge haben eine wechselnde Beleuchtung jedes Vierteljahrhundert sieht sie in einer neuen. Aber nicht alles präsentiert sich in neuem Lichte, es giebt Dinge, die jedem Auge so ziemlich gleich erscheinen, diese lassen wir außer Spiel und beschränken uns auf markante Punkte.
Alle Hohenzollern haben an Potsdam gebaut und jeder hat ein etwas zurückgelassen, das besonders charakteristisch für ihn oder für seine Zeit ist, unter diesen Charakterstücken möchten wir eine Auswahl treffen.
Kommentar:
Als Fontane 1869/70 ernsthaft daran ging, den dritten Band seiner Wanderungen vorzubereiten ( Havelland ), war sogleich ein eigenständiges Kapitel über Potsdam vorgesehen. Aus jener Arbeitsphase erhaltene Stoffdispositionen zeigen, welche "markanten Punkte" er zu beschreiben gedachte. Im Notizbuch A 14 heißt es unter Nr. 22:
Potsdam
a. Sanssouci
b. Das Schloß
c. Die Garnisonkirche
d. Die Schwäne in der Havel
e. Das Tabaks-Kollegium
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