Berlin 21. Febr. 79
Theuerster Rubens
Westermanns wollen einen langen Aufsatz von mir bringen, der die ganze Katte = Tragödie, nicht wie bisher mit Rücksicht auf den Kronprinzen, sondern wie billig, mit Rücksicht auf Katte geschrieben, enthalten soll.
Besagter Aufsatz soll auch illustriert werden, in erster Reihe durch das Porträt Katte's selbst.
Wo findet sich nun ein richtiges Katte = Porträt? Nach meiner Meinung im Charlottenburger Schloß, in dem einstigen Arbeits = Cabinet Friedrich Wilhelms IV. über der Eingangsthür. Es ist ganze Figur, oder Kniestück, Gensdarmes = Uniform, intelligent aussehender Kopf, aber eher häßlich als hübsch, Stupsnase. Schwebt mir alles noch deutlich vor, trotzdem es 20 Jahr ist, daß ich es gesehen habe.
Ein Zeichner war nun draussen, um es zu copieren; irgendetwas Kastellanartiges hat ihm aber gesagt, dieser Katte im Zimmer Fr. W. IV. sei gar nicht der enthauptete Katte, der nicht viel besser gewesen sei als ein Hofnarr. Hinzusetzend, als ein „Hofnarr unter Fr. W. IV."
Dies ist nun wohl einfach eine Verwechslung von I. und IV. Vorläufig halt' ich aber die ganze Kastellan = Weisheit für Unsinn.
Ich denke mir, daß Sie dies alles am Bändel haben und mich „an fen" setzen werden, wie unser Dienstmädchen sagt. Dazu ist morgen Abend in der Zöllnerschen Soireé eine wundervolle Gelegenheit gegeben. Ich wollte nur meine Fragen schon vorher gestellt haben.
. In vorzüglicher Ergebenheit
Th. Fontane.*
Das Briefdokument bestätigt aufs neue Fontanes Bemühen, seinen Lesern verbürgte Zeugnisse märkischer Zeitgeschichte zugänglich zu machen. Aber es bestätigt auch seine besondere Beobachtungsgabe, wenn er sich 1879 sogar an Details erinnert, die er annähernd 20 Jahre zuvor während einer Schloßbesichtigung anläßlich der 1. Fassung des Küstrin-Aufsatzes wahrgenommen hatte.
Offensichtlich hatte aber auch Menzel den Echtheitsbeweis nicht „am Bändel", und vermutlich deshalb stellte Fontane den Lesern alle drei aufgefundenen Bildnisse mit folgender Begründüng vor 7 ):
„Wenn wir trotz der daraus entstehenden Zweifel an ihrer Echtheit alle 3 Bilder dennoch an dieser Stelle gegeben haben, so geschah es 1) um über den 1879er Stand der Katte-Frage (wohin schließlich auch die Katte-Bilder gehören) Rechenschaft abzulegen, 2) um dem guten Glauben der Besitzer eben dieser Bilder gerecht zu werden*, und 3) und hauptsächlichst um an einem glänzenden Beispiele zu zeigen, wie viel oder wenig es mit den Echtheitsversicherungen historischer Bilder auf sich zu haben pflegt."
* „König Friedrich Wilhelm IV. soll das Charlottenburger Katte-Bild, als er es erwarb, für echt, später aber auch für unecht gehalten haben. Geheimer Hofrath Bußler in Berlin, dem alle diese Dinge unterstehen, hält es für unecht. Schon um der Uniform willen, die er etwas später setzt."
Das in dem Brief an Menzel genannte Katte-Porträt wird im erwähnten Zeitschriftenaufsatz mit folgenden Worten beschrieben:
* Orthografie und Hervorhebung nach dem Original
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