Fontane in Sofia
Peter Schaefer, Potsdam
Fontane in Bulgarien? Daß der reiselustige Fontane in England, Italien, Frankreich und Dänemark war, jst bekannt, aber auf dem Balkan? - Posthum, zugegeben, und - 1989 durch eine Ausstellung. Zum 40. Jahrestag der DDR war zwischen dem Bezirk Potsdam und dem Partnergebiet um Sofia eine Festwoche mit mehreren Ausstellungen Potsdamer Einrichtungen und Konzerten hiesiger Künstler vereinbart worden. Dabei wünschte die bulgarische Seite ausdrücklich eine Fontane-Ausstellung. Das Theodor-Fontane-Archiv, unterstützt von der Liga für Völkerfreundschaft und dem Kultur- und Informationszentrum der DDR in Sofia, kam diesem Anliegen gern nach. Die ursprünglich für andere Räumlichkeiten und Dimensionen vorbereitete Ausstellung fand schließlich im Foyer der bulgarischen Nationalbibliothek „Kyril'l und Me- thod" einen sehr schönen Platz.
Auf 11 großen stehenden Rauchglastafeln und in 8 Vitrinen präsentierten sich vom 4. bis zum 20. Oktober Fotos, Bücher und verschiedene Dokumente wie auch Filmprospekte dem Betrachter.
Der Direktor der Nationalbibliothek sprach vor unerwartet vielen Besuchern die Begrüßungsworte. Zugegen waren auch der Kulturattache und leitende Mitarbeiter des Kultur- und Informationszentrums. Das überraschende Interesse für die Ausstellung zeigte sich in mehreren Pressebeiträgen, auch das bulgarische Fernsehen berichtete darüber.
Dabei ist Fontane in Bulgarien kaum bekannt. Zwar verfügt die Nationalbibliothek über die großen Werkausgaben, die auch benutzt werden, doch gibt es eigentlich nur eine einzige Übersetzung, wenn ich recht sehe: 1963 wurde „Effi Briest" (in der Übersetzung von Dimiter Stojevski) mit einer informativen Einleitung von 16 Seiten herausgegeben; es war der erste Band einer Reihe „Bibliothek ausländischer Romane", der Romane von Wasiljev, Steinbeck, Andric und Wells folgten. Ein Exemplar der 1982 als Taschenbuch erschienenen 2. Auflage war in einer der Vitrinen zu sehen.
Das Motto unserer ersten Fontane-Ausstellung in Sofia entnahmen wir seinem letzten Roman, dem „Stechlin": „Alles Alte, soweit es Anspruch darauf hat, sollen wir lieben, aber für das Neue sollen wir recht eigentlich leben. Und ,vor allem sollen wir.. den großen Zusammenhang der Dinge nicht vergessen."
Fontane in Tallinn
Das Fontane-Archiv erhielt 1989 von der Übersetzerin, Frau Lydia Riikoja, aus Tallinn die Romane „Frau Jenny Treibel" und „Stine" in estnischer Sprache. Wir fragten Frau Riikoja, warum sie gerade Fontane in ihre Muttersprache übertragen und dafür diese Werke ausgewählt hat. Ihre Antwort geben wir hier auszugsweise mit freundlicher Genehmigung wieder:
„Ich übersetzte bereits 1980 Fontanes Kronjuwel ,Effi Briest' in meine Muttersprache, weil mir dieser Roman sehr gefallen hatte. Und auch heute wundere ich mich immer wieder aufs neue, wie gut der alte Fontane die Frauenseele verstehen kann.
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