Heft 
(2023) 115
Seite
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76 Fontane Blätter 115 Dossier: Fontanes Fragmente. Fortsetzung b) dispositio Gliedern, Anordnen. Diese Funktion repräsentiert z. B. eine Storyline in Form einer nummerierten Liste in Wiedergefunden(Konzep­tion 2): 1. Die große Einleitungsscene./ Burgstraße am Fenster.[] 2. Der Besuch des Prinzen von der Kriegsschule. Gespräch mit ihm. Sie wird ihm vorgestellt. 3. Die Befreundungen. Man sieht sich öfter. Sie haben ein erstes Allein­Gespräch(weil er, der Mann, noch nicht da ist.) Man kommt überein, sich öfter zu sehn. Geschieht. 4. Die Erkältung zwischen den Eheleuten. Ihre Versuche eine Glücksko­mödie noch zu heucheln. Es scheitert. Sie kann es nicht mehr ertragen. Flucht. Zweite Hälfte. 5. Ihr Wiedersehn. Ihre Demüthigung. Ausgleich. Glück(Z. 223–239; vgl. Abb. 4 Mitte) c) elocutio Formulieren. Hierfür kann beispielhaft ein Erzählanfang(Kon­zeption 1) aus Wiedergefunden stehen: Vor drei Jahren, kurze Zeit nach ihrer Verheirathung, waren sie aus ei­ner kleinen Stadt an der Warthe, da, wo Westpreußen, Posen und Bran­denburg in einem stumpfen Winkel zusammenstoßen, nach der Haupt­stadt gekommen und hatten in der Burgstraße, in dem einzigen schmalen Hause das diese Straße hat, drei Treppen hoch eine Poeten-Wohnung genommen. Die Zimmer waren niedrig, aber die Luft war frisch und der Blick auf den alten Schloßflügel gegenüber entzückend.[](Z. 122–127; vgl. Abb. 3) Das von Wolf Schmid vorgeschlagene Modell der narrativen Transformati­onen gliedert die Konstruktion der erzählten Welt und damit den textgene­tischen Prozess in Stufen, die mittels der Transformationsprinzipien Selek­tion, Komposition(Anordnung/Sequenzialisierung) sowie Verbalisierung vom ›Geschehen‹ über die ›Geschichte‹(im ordo naturalis) und die ›Erzäh­lung‹(im ordo artificialis) zur ›Präsentation der Erzählung‹ führen. 10 Die beiden Konzepte lassen sich miteinander in Beziehung setzen(vgl. Abb. 6): Die Gesamtheit des ›Geschehens‹, die den Ausgangspunkt bildet, ist Resultat der inventio. Die Funktion der dispositio deckt zwei Transfor­mationsschritte nach Schmid ab: die Auswahl der Geschehensmomente, die für die ›Geschichte‹(im ordo naturalis) konstitutiv sind, und deren An­ordnung im ordo artificialis der ›Erzählung‹. Dem Schritt der Verbalisie­rung, in dem nach Schmid aus der ›Erzählung‹ deren ›Präsentation‹ wird, entspricht die elocutio. Beide Konzepte, die officia oratoris und das Modell der narrativen Trans­formationen, beschreiben die Textgenese als linearen und unumkehrbaren Prozess. Demgegenüber ist der textgenetische Prozess, den die Manuskripte des Fragments Wiedergefunden als Prozessdokumente 11 abbilden, durch