Heft 
(2023) 115
Seite
97
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Allerlei Glück Wege 97 tischem Lebensstil von Melcher Harms in Ellernklipp bis hin zu Lorenzen im Stechlin, an der Sünde zugetane Protestanten mit Sympathien fürs Ka­tholische wie den Möchtegernmönch Schach von Wuthenow, an sündigen­de und büßende ›Heilige‹, Katholikinnen und Konvertitinnen wie Cécile, Franziska in Graf Petöfy, Ursel in Unterm Birnbaum, Victoire in Schach von Wuthenow, an die Mystikerin Christine in Unwiederbringlich, und auch an rationalistische Protestanten ohne Zugang zum Metaphysischen wie Ecce­lius in Unterm Birnbaum. Der explizite Hinweis auf die Verquickung von Schopenhauerianismus und Katholizismus in den Fragmenten welche nur vor dem Hintergrund von Schopenhauers dezidiert willenspsychologischer Deutung des Christentums verständlich wird liefert somit ernst zu neh­mende Indizien für die religionsphilosophische und zugleich willenspsy­chologische Tiefendimension zahlreicher Figuren und die mit ihnen assozi­ierten Themenkomplexe: Glaube, Protestantismus, Katholizismus, Sünde (Ehebruch), Glück und Prädestination. 45 Carl Ferdinand Wiesike als Vorbild für Torfinspektor Brah. Willensphilosophie und Darwins Atavismus-Konzept Beim eingangs bereits erwähnten Neffen Axel Brah handelt es sich um den Sohn eines Torfinspektors, der im Fragment ›der alte Brah‹ oder auch Joa­chim Brah genannt wird. Die Charakterzüge des jungen Brah sind klar um­rissen:»Lebemann. Don Juanismus. Ungebundenheit«(F I, 106); er ist der »Liebling aller, besonders der Weiber«(F I, 130). Axel hat eine nicht näher geschilderte Beziehung mit seiner verarmten Cousine Ebbe Brah, aus der ein uneheliches Kind hervorgegangen ist, zu dem Axel nicht stehen will. Axels Vater, Torfinspektor Brah, weist seinen Sohn für dessen unehrenhaf­tes Verhalten gegenüber Ebbe scharf zurecht und fordert ihn auf, die mitte­lose Cousine zu heiraten, er droht sogar mit dem Entzug väterlicher Liebe. Zudem hat Axel in einer anderen Variante der Erzählung ein sexuelles Ver­hältnis mit einer verwitweten Adligen; ob zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt als mit Ebbe, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Als Vorbild für den Torfinspektor Brah kommt nur der Schopenhaueri­aner Karl Ferdinand Wiesike in Betracht. Dieser war, genau wie sein Alter Ego im Roman, ein humorvoller Unterhalter bei Tisch, der dem Rotwein kräftig zusprach, aus einfachen Verhältnissen stammte und sein Vermögen mit Torf(und einer Ziegelei) gemacht hatte. 46 Als Lokalität für eine Ge­sprächsszene wird neben Swinemünde auch Plaue(Brandenburg), Wiesi­kes Wohnsitz, vermerkt. Vor allem aber ist der alte Brah»Darwinianer und Homöopath. Gespräche darüber. Es ist die Frage, ob er beides sein darf, oder ob eins von beiden wirksamer ist.«(F I, 142) 47 Auch Wiesike war nicht nur Schopenhauerianer, sondern zugleich leidenschaftlicher Verfechter der