92 Fontane Blätter 116 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Französische Gefangene in der Bildpolitik der Gartenlaube. In: Heft 37(1870), S. 597. Der sogenannte»Schwamm« wird in Friedlaenders Bericht sofort zum menschlichen Subjekt. Wir erfahren die Namen einer Reihe der Ankömmlinge(Ajali-ben-Mohamed, Moustapha-ben-Brahim, Abdelkader ben-Méda, Abdallah-ben-Rebad, Aresky-ben-Garbi, Mohamed-el-Abessy, ElimnoNordadi, Djabellah-ben-Ahmed u. v. m. und lernen, dass sie nicht als»Zuaven und Turkos« bezeichnet werden wollen, sondern die Benennung als»Tirailleurs d‘Afrique« bevorzugen. Eingeschobene empathische Erzählerkommentare sowie wörtliche Zitate der französisch-algerischen Soldaten lassen uns die Situation aus ihrer Perspektive nachempfinden. So heißt es weiter: Damit trat dann eine Ruhe ein, deren die Gefangenen wahrhaft bedurften. Waren auch nur wenige darunter, die gleich ins Lazareth mußten, so galt es für andere Leichtverwundete doch wenigstens einiger Pflege in ihren Kasematten, und Schlaf und Ausruhe für alle die Vielen, die auf die Frage nach ihrem Befinden nur immer antworten konnten:»Oh, mon lieutenant, quelle peine! Nous sommes malades de fatigues.« Und das war wohl zu glauben. War doch noch Niemand bisher in so kurzer Zeit aus dem Herzen von Algerien nach Spandau gereist, wie diese Truppe, die in pünktlichen Anschlüssen unablässig gefahren und nur kurze Zeit ausgestiegen war, um in einer raschen Schlacht den Siegern in die Hände geliefert zu werden. 24 Den wahrhaften Gewaltmarsch, den die Gefangenen hinter sich hatten, gibt Friedlaender nach deren eigenen Eindrücken wieder. Er ließ sich dazu den Bericht des Gefangenen Mohamed-ben-Abdallah aufschreiben, in dem dieser»tagebuchartig erzählte«, wie die Gefangenen innerhalb kürzester Zeit zu Fuß, mit der Eisenbahn und dem Dampfschiff, die rund 3000 Kilometer aus der algerischen Wüste ins französische Lothringen zurückgelegt hätten, nur um dort als Kanonenfutter an die vorderste Front geschickt zu
Heft
(2023) 116
Seite
92
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