Heft 
(2024) 117
Seite
44
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44 Fontane Blätter 117 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte Stürmische Backfische. Emmy von Rhodens Der Trotzkopf(1885) und Fontanes Effi Briest (1895) Sophia Wege Allein der Name der Autorin, Emmy von Rhoden , ebenso wie der Name ihrer Hauptfigur, des Backfischs Ilse, dürften Fontane gefallen haben, ent­halten sie doch»die beiden feinen Vokale« e und i, die er als»für mein Ge­fühl sehr hübsch« befand und gegenüber Rodenberg als ausschlaggebend für die Wahl des Titels Effi Briest ins Feld führte. 1 Dass Fontane das erfolg­reichste Mädchenbuch des 19. Jahrhunderts 1894 erreichte Der Trotzkopf die 16. Auflage, 1906 waren es bereits 45 Auflagen kannte, 2 dafür finden sich in den einschlägigen Quellen keine Belege; gleichwohl wissen wir, dass Fontane wesentlich mehr gelesen hat, als seine Handbibliothek hergibt. 3 Im folgenden Beitrag werde ich signifikante inhaltliche, motivische und sym­bolische Ähnlichkeiten zwischen Fontanes und Rhodens Romanen, genau­er ihrem jeweiligen Mädchen-Modell, aufzeigen. Dabei stehen zwei Erklä­rungsansätze zur Wahl, die sich nicht widersprechen: Zum einen schließen Menge und Detailreichtum der Ähnlichkeiten die Möglichkeit nicht aus, dass sich Fontane für die Gestaltung Effis bei Rhoden bediente. Zum ande­ren kann man allein aufgrund der Popularität des Mädchenbuchs von ei­nem erweiterten Rezeptionszusammenhang ausgehen Backfischliteratur vom Typ ›Trotzkopf‹ war Fontane und seinen Leser:innen in Grundzügen bekannt. Allein die Verortung der beiden epochalen Erfolgsromane im ge­teilten historischen Horizont und im diskursiven Kontext der Kaiserzeit legt eine Lektüre von Effi Briest vor der Folie der Backfischliteratur und einen Vergleich der Weiblichkeitsbilder in beiden Romanen nahe. Mit dem Trotzkopf Ilse schuf Emmy von Rhoden eine Figur, die so er­folgreich und wirkmächtig war, dass sie als dominantes Weiblichkeitsmo­dell und als Rollenstereotyp ›höherer bürgerlicher Töchter‹ des ausgehen­den 19. Jahrhunderts akzeptiert wurde. 4 Noch bis in die 1920er-Jahre hinein nochmals forciert durch das Erscheinen von Else Urys leicht modernisier­tem Nesthäkchen(1913, 1918) galt der Typus»Trotzkopf« als der Mädchen­typus schlechthin, während modernere, emanzipiertere Weiblichkeitsmo­delle vorerst Randerscheinungen blieben. Der»Trotzkopf«, und mithin der