Heft 
(2024) 117
Seite
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66 Fontane Blätter 117 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte ter massiv erneuert und teilweise nach außen verlegt, diente ihrem Zweck nach weniger der Verteidigung gegen äußere Feinde. Zuerst als Hindernis für Deserteure aus der Berliner Garnison gedacht, diente sie dann der all­gemeinen Zu- und Ausgangskontrolle von Bewohnern und Reisenden, vor allem der Erhebung von Zöllen und der»Akzise« genannten Verbrauchs­steuer, die die Einwohner auf bestimmte Waren zu entrichten hatten. Die Tore fungierten als Kontrollpunkte und haben sich bis auf das Branden­ burger Tor nur noch dem Namen nach als Ortsbezeichnungen in Berlin erhalten, ebenso wie die Flusssperren der Spree , damals als Oberbaum und Unterbaum bezeichnet. 8 Seit 1808 bestand in Preußen die allgemeine Wehrpflicht. Jeder preußi­sche Untertan war(bis auf wenige Ausnahmen) demnach verpflichtet, zum Schutz des Thrones und des Vaterlandes die Waffen zu führen, und dafür in das Heer einzutreten. Die Militärpflicht begann mit dem 20. und endete mit dem 39. Lebensjahr. Von diesen 19 Jahren gehörte der zur Fahne Berufene fünf Jahre dem stehenden Heer an, trat hierauf zum 1. Aufgebot der Land­wehr über, in welchem er sieben Jahre verblieb; danach war er dem 2. Auf­gebot der Landwehr angehörig. Mit 40 Jahren ging er zum Landsturm über, welcher alle waffenfähigen Männer vom 17. bis zum 50. Lebensjahr aufnahm, die nicht dem stehenden Heer oder der Landwehr angehörten. Das 1. Aufgebot der Landwehr verstärkte das stehende Heer im Kriegsfall; das 2. Aufgebot diente der Verteidigung von inländischen Befestigungen; der Landsturm schließlich bildete die örtliche Heimatverteidigung für den Fall, dass feindliche Truppen in das Staatsterritorium eingedrungen waren. Die aktive Dienstzeit im stehenden Heer betrug bei der Linien-Infante­rie 9 zwei Jahre, bei der Garde-Infanterie und den übrigen Waffen jedoch drei Jahre; die übrige Zeit war der Dienstpflichtige zur Reserve in seine Heimat entlassen, wobei ihm die Verpflichtung oblag, zu seinem Truppen­teil zurückzukehren, sobald er hierzu einberufen wurde, um diesen bis zur Kriegsstärke zu komplettieren. Um die Erfüllung der Wehrpflicht sicher zu stellen, gab es in Preußen ein ausgeklügeltes System der Erfassung aller Dienstpflichtigen. Zurückgestellt vom Wehrdienst wurde nur in ganz be­stimmten Härtefällen, z. B. um einer Familie nicht deren einzigen Ernährer zu entziehen. 10 Wehrpflichtige konnten aber auch freiwillig in das Heer eintreten. Ne­ben länger und auf Beförderung Dienenden(Soldaten auf Zeit und Berufs­soldaten) gab es für»wissenschaftlich gebildete junge Leute«(dazu zählte auch eine höhere Schulbildung) 11 mit entsprechenden Nachweisen und nach Prüfung auch ihrer körperlichen Tauglichkeit durch dazu bestimmte Kom­missionen die Möglichkeit, nur ein Dienstjahr im stehenden Heer zu absol­vieren. Diese Einjährig-Freiwilligen mussten allerdings ihre Bekleidung und Verpflegung aus eigenen Mitteln bestreiten. Sie konnten den Truppen­teil, in dem sie ihre Dienstzeit ableisteten, frei wählen. Einjährig dienende