Fontanes Militärzeit Druschke 71 Es ist jedoch durchaus möglich, dass Ledebur den Bataillonskommandeur Geusau vertreten musste, weil dieser, der eben erst(am 30. März) vom 4. Garde-Landwehr-Regiment zum Kaiser Franz Grenadier-Regiment versetzt worden war, 38 seinen neuen Dienst nur kurz ausgeübt hatte – schon am 18. Juni erhielt er seine Abschiedsbewilligung. 39 Gorszkowki hat uns in seinem Buch über das Regiment 40 eine»Abgangs-Liste der Offiziere« für die Jahre von 1815 bis 1853 überliefert, in der für das Jahr 1844(unter der lfd. Nr. 199) folgender Eintrag zu finden ist:»Major von Geusau. Mit dem Character als Oberst-Lieutenant, der Erlaubniß die Regiments-Uniform ohne active Dienstzeichen[zu tragen] und der gesetzlichen Pension verabschiedet.« 41 Diese doch überraschende Verabschiedung könnte auf Geusaus Dienstunfähigkeit, vielleicht aufgrund einer schweren Erkrankung, hindeuten. Zu seinem Ersatz wurde Major von Bequignolles, vordem beim 3. Garde-Landwehr-Regiment, am 11. Juli in das Kaiser Franz Grenadier-Regiment einrangiert; 42 in der Rangliste 1845 erscheint er denn auch – seit 22. März 1845 zum Oberst-Lieutenant befördert 43 – als Kommandeur des 2. Bataillons. 44 Bevor weitere Einzelheiten beleuchtet werden, soll nach Witzlebens Handbuch von 1845 ein kurzer Überblick über Aufbau und Stärke eines Garde-Grenadier-Regiments gegeben werden. 45 Demnach bestand ein Garde-Infanterieregiment im Jahre 1845 zu Friedenszeiten aus 3 Bataillonen (zwei Grenadierbataillone und ein Füsilierbataillon) mit je 4 Compagnien; jedes Bataillon hatte 20 Offiziere, 60 Unteroffiziere, 1 Compagnie-Chirurg, 24 Spielleute sowie 600 Gemeine. Dazu kamen an der Spitze des Regiments und der Bataillone der jeweilige Kommandeur und sein Unterstab, sowie die Militärärzte und Musikchors. Ein Garde-Infanterieregiment war demnach etwa 2.200 stark, die 3 zugehörigen Bataillone hatten jeweils um die 700 Mann Stärke. Außerdem gab es bei den Bataillonen noch die sogenannten Handwerker, z. B. Büchsenmacher, Schneider, Schuster usw., die nach Fontanes oben zitierter Darstellung des Tages auf der Königswache im Bedarfsfall auch zu militärischen Diensten mit herangezogen wurden. Wie ebenfalls von Fontane berichtet(s. o.), befand sich die Kaserne des II. Bataillons, dem er angehörte, in der Neuen Friedrichstraße, der heutigen Littenstraße, etwa in Höhe der heute noch existierenden Parochialkirche in der Klosterstraße, auf der östlichen Straßenseite. Über diese Örtlichkeit lässt sich Fontane in seiner Autobiographie nicht weiter aus. Es findet sich aber in seiner Scherenberg-Biographie 46 dazu Folgendes aus dem»Winter 45 auf 46«, also kurz nach seiner Militärzeit: […] bei B. v. Lepel. Dieser war um die genannte Zeit Offizier im FranzRegiment und bewohnte zwei Zimmer in der jetzt[also um 1885] ohne Weitres als Spukhaus zu bezeichnenden alten Franz-Kaserne, vor der einem freilich auch damals schon ein leiser Grusel befiel, wenn man, bei zufälliger Passirung der Neuen Friedrichstraße, zu dem furchtbaren
Heft
(2024) 117
Seite
71
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