Fontanes Militärzeit Druschke 79 Freien, in kleineren Formationen auf dem Kasernenhof, in größeren auf den Exerzierplätzen, von denen es in und um Berlin einige und in unterschiedlichen Größen gab. Bei schlechtem Wetter wurde das Training in die Exerzierhäuser verlegt. Solche hallenartige Gebäude lagen meist am Rande von Exerzierplätzen und außerhalb der Kasernengelände. Das Exerzierhaus des Kaiser Franz Grenadier-Regiments 77 wurde 1830 in der damaligen Schäfergasse, nahe dem Engelbecken, im heutigen Ortsteil Kreuzberg von Berlin , errichtet; in dessen unmittelbarer Umgebung lag auch der Exerzierplatz. Der Weg dorthin betrug von der Kaserne des II. Bataillons aus etwa 1,5 km; dieser wurde natürlich in Marschformation und wohl auch mit klingendem Spiel zurückgelegt. Stellen wir uns also Fontane uniformiert und mit der Pickelhaube auf dem Kopf, das Gewehr auf der Schulter und im Gleichschritt mitmarschierend vor – ein Bild, das so gar nicht zu seiner Persönlichkeit passen will… Wie sah nun das Ausbildungsprogramm der Einjährig-Freiwilligen insgesamt aus? Witzleben führt dazu aus: [D]ie theoretische Ausbildung der Freiwilligen per Bataillon[wird] einem Offizier übertragen[…], welcher auch ihre praktische Ausbildung, so weit dies die verschiedenen Dienstzweige gestatten, zu leiten hat. Alles jedoch was den Freiwilligen durch den zu ihrem Führer bezeichneten Offizier nicht gelehrt werden kann, erlernen sie durch den praktischen Dienst in der Compagnie, welcher sie zugetheilt sind./ Das Letztere begreift namentlich in sich das Exerciren in größeren Abtheilungen(Compagnie, Bataillon), die Führung einer Korporalschaft, die Behandlung der Untergebenen, den Wachtdienst und den Felddienst in größeren Abtheilungen./[…] Der mit ihrer Führung beauftragte Offizier 78 leitet selbstständig die erste Ausbildung bis zu dem Grade, daß die Freiwilligen den Dienst in den Compagnien thun können, wozu eine Zeit von 6 Wochen größtentheils genügen wird. Die nächsten 6 Wochen sind dann bestimmt, in der Compagnie den Dienst eines Gemeinen zu erlernen, wozu die Ausübung des Wachtdienstes gerechnet ist./ Nach Verlauf von 3 Monaten vom Diensteintritt an gerechnet, werden von den Freiwilligen diejenigen, welche sich durch Dienstkenntnisse und Eifer hervorgethan, zu Vice-Unteroffizieren befördert./ Diejenigen jedoch, welche sich nicht zu Vice-Unteroffizieren eignen, treten zu ihren Compagnien zurück, und dienen die übrigen 9 Monate als Gemeine, wobei sie von der bisherigen Aufsicht des Offiziers entbunden sind./ Nach Verlauf von abermals 3 Monaten, welche für die Freiwilligen dazu bestimmt sind, den Dienst des Unteroffiziers zu erlernen, werden diejenigen zu überzähligen Unteroffizieren ernannt, welche hoffen lassen, daß sie sich künftig zum Landwehr-Offizier oder Vice-Feldwebel eignen werden./ Diese thun dann die noch übrigen 6 Monate als wirkliche Unteroffiziere Dienst, müssen eine Zeit lang einer Korporalschaft vorstehen, und eini-
Heft
(2024) 117
Seite
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