Heft 
(2024) 117
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92 Fontane Blätter 117 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte »In Wahrheit ein moderner Mensch« Unbekanntes von Josef Ettlinger über Fontane und den Roman Effi Briest Wolfgang Rasch Der Name Josef Ettlinger (1869–1912) ist in der Fontane-Philologie bis heute lebendig geblieben. Otto Drude hat ihm 1998 in seinem Nachschlagewerk Fontane und sein Berlin einen eigenen Personenartikel gewidmet. 1 Ettlinger gehörte zur ersten Generation von Fontane -Forschern, die sich publizis­tisch und editorisch für Fontanes Werk einsetzten. Für die angesehene, von Georg Brandes herausgegebene Reihe Die Literatur verfasste er 1904 eine erste Monographie über Fontanes Werk(schwerpunktmäßig behandelt er darin die Romane), 2 schrieb zahlreiche Zeitungsartikel über den Autor und gab 1908 Fontanes Nachlaß heraus, dessen Hauptteil und wertvollste Gabe der Roman Mathilde Möhring bildet. Ettlinger , der seit 1905 neben Otto Pniower und Paul Schlenther mit der Sichtung großer Teile von Fontanes Nachlass beschäftigt war, hatte den nicht ganz druckfertigen Roman ent­deckt, redaktionell bearbeitet und so zur Publikation vorbereitet. 3 Seine editorischen Leistungen, aber auch methodische Schwachstellen und edito­rische Fehlentscheidungen hat Gotthard Erler 1969 4 kritisch beleuchtet und Gabriele Radecke 2008 im Anhang ihrer Mathilde Möhring -Ausgabe akri­bisch dargelegt. 5 Bislang war lediglich eine einzige zu Lebzeiten Fontanes erschienene Rezension von Josef Ettlinger bekannt. 6 Um so erfreulicher ist es, dass mit der Fortführung der bibliographischen Forschung ein bis dahin unbe­kannter Nachruf Ettlingers auf Fontane zum Vorschein kam, ein Beitrag, der sich an einer etwas entlegenen Stelle in der Bonner Zeitung vom 2. Ok­tober 1898 findet. Einen Nachdruck davon hat es offenbar nirgendwo gege­ben und so ist dieser Text bis heute verschollen geblieben. Der Nekrolog schließt sich einer Reihe von Nachrufen an, die neben der allgemeinen Würdigung von Werk und Wirken auch eine ganz eigene, individuelle Note erkennen lassen, weil ihr Verfasser Fontane persönlich kennengelernt hatte und ihm auch privat einmal nähergekommen war. Darüber hinaus birgt Ettlingers Nachruf ein paar interessante Erinnerungsschnipsel von Begeg­nungen mit Fontane sowie Auszüge aus zwei bislang unbekannten Briefen