Unbekanntes von Josef Ettlinger Rasch 105 det, als sie einsieht, daß sie den reichen Kommerzienratssohn nicht kriegen kann. In diesem ausgesprochen pragmatischen Zuge von Fontanes Romanen liegt vielmehr der wertvollste Teil seines Wesens, zumal er niemals, nüchtern und kalt, sondern immer durch eine feine Mischung von Humor und liebenswürdiger Bonhommie gemildert und verklärt zu Tage tritt. Der »holde Wahnsinn« des Dichters, der in höheren Sphären schwebt, war ihm nie gegeben und vielleicht auch nichts weniger als sympathisch. Darum war er auch kein Lyriker im eigentlichen Sinne dieses Wortes, vor Allem kein Liebeslyriker, und aus seiner geringen Vorliebe für die»Generalpächter der großen Liebesweltdomäne«, die»Weihekußmonopolisten«(zu denen er auch seinen Freund Storm trotz aller Bewunderung rechnet) hat er in seinen Memoiren kein Hehl gemacht. Pathos war ihm so verhaßt, wie verwaschene Sentimentalität. Und eben in dieser eigentlich preußischen Neigung zum Realen begegnet er sich mit Menzel, seinem Altersgenossen, und hat er einen gewissen verwandten Zug mit einem so viel Größeren, dem er allezeit die wärmste Bewunderung geweiht hat: mit Bismarck. Der Vergleich, der sich natürlich nur allgemein auf einen bestimmten gemeinsamen Wesenszug der beiden Männer bezieht – kann wohl kaum mißverstanden werden. Seine Richtigkeit wird man inne, wenn man Bismarcks aus vielen Proben bekannte Sprechweise mit der Art, wie Fontane seine Menschen reden läßt und wie er selbst in seinen Aufzeichnungen zu uns spricht, nebeneinanderhält: man wird dann die Aehnlichkeit entdecken, die in der merkwürdig prägnanten, treffenden, die Dinge oft mit einem eigenen, neuen Worte umfassenden Ausdrucksweise liegt, in der Anschaulichkeit und Gegenständlichkeit der Wendungen. Er selbst hat es freilich mit der abwehrenden Geberde des überzeugten Bismarckverehrers abgelehnt, auch nur in einem Atem mit dem Großen genannt zu werden. Als ich früher einmal den Vergleich mit dem Alten von Friedrichsruh und mit Menzel an anderer Stelle in der eben angedeuteten Weise zum Ausdruck brachte – in einer Besprechung von»Effi Briest «, schrieb er dawider mit seiner großen kräftigen Handschrift im Rundbogenstil: »Seien Sie schönstens bedankt für den famosen Salutschuß zu Ehren Effi Briests in der Magdeburger Ztg. Salutschuß – in der Regel mit halber Pulverladung – ist übrigens nicht genug gesagt; Sie sind so verschwenderisch umgegangen, daß ich nicht weiß, ob nicht alles platzt oder vielleicht schon geplatzt ist. Schlenther, mir zu Ehren, verhöhnte gestern die Eberse und Dahne und wenn ich nun im weiteren dem deutschen Volke nicht nur neben Menzel, das ginge am Ende noch, sondern auch neben Bismarck gezeigt werde, so kommt am Ende ein Umschlag und in irgend einem Witzblatte heißt es dann: »Um das Rhinozeros zu sehn etc.« Aber wie dem auch sei, und wenn Schlimmeres passiert, nochmals meinen herzlichsten Dank« usw.
Heft
(2024) 117
Seite
105
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