Emilie Fontanes autobiographische Novelle Möller 25 Von Interesse sind für den Zusammenhang nicht die erläuternden Zusätze, interpretierenden Ausschmückungen und dem Zeitgeist verpflichteten Anschauungen, Fricke war NSDAP -Mitglied, sondern allein die Fakten, die sich diesem Abschnitt entnehmen lassen und deren Quellen nicht im Einzelnen nachgewiesen sind. Die Briefe Emilies an Bertha Kummer, auf die Gotthard Erler den Abschnitt über Liegnitz in seiner Biographie stützte, hat Fricke nicht benutzen können, sie wurden erst 1971 aus der Hand der Erben für das Fontane-Archiv erworben. 16 Auch in Liegnitz wurde Emilies Identität verschleiert, wie aus Emilies Brief vom 23. September 1845 an Bertha und Karl Wilhelm Kummer 17 und Fontanes Brief an Bernhard von Lepel vom 14. Oktober 1850 hervorgeht. Trotz fiktiver Elemente ist die Fragment gebliebene Autobiographie eines der wichtigsten Lebens-Dokumente von Emilie Fontane . Viele Details ihrer Kindheit und ihrer Jugendjahre sind nur durch diesen Text bekannt und ließen sich bisher nicht anhand anderer Dokumente verifizieren. Die Darstellung beginnt mit der schicksalhaften Zeitungsannonce, durch die Emilie als Kleinkind zur Adoption vermittelt wurde. Der Text dieses Inserats wird zitiert und beschrieben, als habe wenigstens ein Zeitungsausschnitt vor ihr gelegen, als Emilie ihre Geschichte niederschrieb. Allerdings ist es bisher nicht gelungen, diese Anzeige zu finden. Auch die gerichtlichen Unterlagen über die Adoption ließen sich bisher nicht auffinden. Diese besonders markanten Fakten müssen also in biographischen Darstellungen bis auf Weiteres mit Vorsicht behandelt werden. Im Folgenden reiht die Erzählerin Episoden ihrer Kindheit und Jugendjahre aneinander bis hin zu ihrer Konfirmation. Zu diesem Zeitpunkt klärte Karl Wilhelm Kummer Emilie über ihre Identität auf. Der Text endet mit der dritten Eheschließung ihres Adoptivvaters mit Bertha Kinne. Emilies Umzug nach Liegnitz scheint in einem Zusatz zur Abschrift oder in Notizen skizziert zu sein. Überliefert war Emilies Autobiographie vermutlich zunächst im Konvolut der Briefe Fontanes und seiner Frau an die Merckels, das 1933 zusammen mit dem Nachlass Fontanes versteigert wurde, zu dem es ursprünglich jedoch nicht gehörte. 18 Wahrscheinlich war es wie in anderen Fällen zu einem Austausch der Korrespondenz mit den Erben der Merckels gekommen. Ersteigert wurde das Konvolut von der Handschriftenabteilung der Berli ner Staatsbibliothek , in deren Bestand es sich heute wieder befindet. 19 Die eigenhändige Handschrift von Emilies autobiographischer Novelle wurde 1933 separat als Los angeboten und von Julius Petersen ersteigert. 20 Zuvor hatte Friedrich Fontane eine Abschrift genommen und vermutlich als ein besonders wertvolles Erinnerungsstück auch nach dem Verkauf des Restnachlasses an die Brandenburgische Provinzialverwaltung in seinem persönlichen Besitz behalten. Jedenfalls deutet nichts darauf hin, dass dieses Typoskript an das Theodor-Fontane-Archiv(Institution) übergeben
Heft  
(2024) 118
Seite
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