Heft 
(2024) 118
Seite
171
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»Forum Junge Fontane Forschung« 171 manifestiert sie sich in den einzelnen Texten? Um sie zu beantworten, werden mithilfe einer innovativen Methodenkombination aus hermeneutisch-ideenge­schichtlichem und interdiskursanalytischem Ansatz Schillerbezüge in literatur­theoretischen, dramatischen, lyrischen sowie Prosatexten untersucht. Zum Analysekorpus gehören beispielsweise Julian Schmidts Abhandlung Schiller und der Idealismus(1858), Otto Ludwigs Shakespeare-Studien(1872), Friedrich Hebbels Drama Maria Magdalena (1844), aber auch Fontanes Ballade Schloß Eger(1851) oder Wilhelm Raabes Roman Der Dräumling(1872). In der Betrachtung von Schillers Rolle in der Idealismus-Realismus-Debatte des programmatischen Realismus zeigt sich, dass er entweder als idealistischer Realist(Fontane ) beziehungsweise Realidealist vereinnahmt oder als einseitig­subjektiver Idealist diskreditiert wird. In den Volkspoesie-Konzepten des Nachmärz erscheint Schiller als sittlicher Volksdichter in der aufklärerischen Tradition des poeta doctus. Das hier vermittelte Gesellschaftsbild weist im protosoziologischen Diskurs nach 1850 ein restaurativ-idealistisches Profil auf. An der Humanisierung des Lebens durch Kunst/Literatur festhaltend, schließen die frühen Realisten an Schillers anthropologisch-ästhetische Theorie an, wobei eine semantische Akzentverschiebung vom»kosmopolitischen« zum»nationa­len« Humanismus stattfindet. Die Volksliteratur der Frührealisten soll im Wesentlichen bilden, nämlich mit Schiller im neuhumanistischen Sinne. Im nati­onalen Diskurs wird Schiller sowohl zum Lieblingsdichter der Staats- als auch der Kulturnation stilisiert. Sarah Zeitz, Jena Raum und Handlungsgeschehen in Theodor Fontanes Irrungen, Wirrungen, Unterm Birnbaum und Grete Minde Die dem Vortrag zugrunde liegende Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Zusammenspiel von Raum und Handlungsgeschehen in Fontanes Werken Irrungen, Wirrunge n, Unterm Birnbaum und Grete Minde . Hierbei wird die These vertreten, dass zwischen beiden Dimensionen eine enge Verbindung besteht, die sich unter anderem in der proleptischen Funktion der Raumdarstel­lung zeigt. Das meint, dass die räumliche Konfiguration oft zukünftige Ereignis­se der Handlung vorwegnimmt oder andeutet. Zur theoretischen Fundierung wurden drei Raumtheorien miteinander verknüpft: Michail Bachtins Theorie des Chronotopos, die das Raum-Zeit-Ver­hältnis und dessen Einfluss auf die Handlung beleuchtet; Lotmans kultursemio­tischer Ansatz, welcher die semantische und metaphorische Bedeutung topologischer Beziehungen untersucht; sowie ein narratologischer Ansatz, basierend auf Katrin Dennerleins Monografie Narratologie des Raumes, welcher die sprachliche Raumerzeugung in literarischen Texten thematisiert. Die Vorzüge einer solchen Kombination von verschiedenen theoretischen Ansätzen wurden im Folgenden an exemplarischen Textanalysen aufgezeigt. An Irrungen, Wirrungen ließ sich darlegen, wie über die Gegensätzlichkeit der Wohnumgebungen der Hauptfiguren in Berlin die zentralen Konfliktlinien der Handlung vorweggenommen werden. Die Ausführungen zur Raumgestaltung in Unterm Birnbaum wiederum betonten, wie die Thematisierung von Schuld und Moral mit der Darstellung der ländlichen Umgebung verwoben ist.