Heft 
(1965) 2
Seite
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Was endlich Sprachform und Bildhaftigkeit betrifft, so steht Fontanes Gedicht hoch über seinen Vorgängern. In den lose gefügten Reimpaaren mit ihren unregelmäßigen, oft fast prosaischen Rhythmen, in der wort­kargen, zu Rufen und Hilfe- oder Jubelschreien geballten direkten Rede, gewinnt das Ereignis eine Lebendigkeit, wie sie weder Gough mit seiner kindlichen Prosa nach Alger mit seinen hölzern-rhetorischen Strophen ge­lungen ist.

Als der Gedichtband von 1889 erschien, prophezeite Fontane in einem Brief an Hertz:Alles, was ich geschrieben ... wird sich nicht weit ins nächste Jahrhundert hineinretten; aber von den .Gedichten wird manches bleiben und darunter auch einzelnes, das erst diese neue Auflage ent­hält 2 \ Die Voraussagung hat sich erfüllt. Noch heute ist FontanesJohn Maynard überall, wo deutsch gesprochen wird, lebendiges Volksgut im Gegensatz zu den amerikanischen Fassungen, die in ihrer Heimat ver­dientermaßen lange vergessen sind 2 \ Fontane war eben kein Moral­prediger oder Literaturfabrikant wie seine Vorläufer, sondern ein Dichter.

Anmerkungen

1 Vgl. Hans Rhyn,Die Balladendichtung Theodor Fontanes ..., Sprache und Dichtung, Heft 15, S. 169170 (1914).

2 Das Schicksal der Tay-Brücke sowie die späteren Enthüllungen über grobe Fahrlässigkeiten bei deren Entwurf, Bau und Instandhaltung sind packend dargestellt von John Prebble in The High Girders (Lon­don: Secker & Warburg, 1956), auch erschienen als Disaster at Dundee (New York: Harcourt, Brace & Co., 1957). Daß Max Eyth das Unglück mit veränderten Namen in seiner ErzählungBerufstragik, in dem Sammelband Hinter Pflug und Schraubstock (1899),, wiedergegeben hat, ist bekannt.

3 Den Hinweis auf diesen Druck verdanke ich Herrn Dr. Hans-Heinrich Reuter am Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar. Orthographie und Interpunktion weichen vielfach von der endgültigen Fassung ab, an einigen Stellen auch der Wortlaut: Zeile 56 und 6061Er starb für uns, er trägt die Kron, / Er hat uns gerettet, die Liebe sein Lohn; 11Alle Herzen aber; 12Und die Passagiere, Kinder und Fraun; 59fest in Hand (Druckfehler?). Die letzten fünf Zeilen sind hier als besondere Strophe abgesetzt.

4 Die Sammlungen von Fontanes Briefen enthalten keine ausdrücklichen Hinweise; ebensowenig die in Zeitschriften verstreuten Briefabdrucke, soweit ich sie habe prüfen können. Auch aus den Beständen des Theodor-Fontane-Archivs geht laut Mitteilung von Herrn Bibliothekar Joachim Schobess nichts hierüber hervor. Für weitere, ebenfalls nega-

tive Auskunft bin ich Herrn Professor Henry H. H. Remak an der Indiana University in Bloomington (Indiana) zu Dank verpflichtet.

6 Die Geschichte der amerikanischen Fassungen ist bibliographisch belegt in meinem AufsatzJohn Maynard of Lake Erie: The Genesis of a Legend, Niagara Frontier, (Zeitschrift der Buffalo & Erie County Historical Society), Bd. 11, S. 7386 (1964). Dort sind auch die Texte vollständig abgedruckt und frühere Untersuchungen verzeichnet.

* Größe und Baujahr derErie in Upper Lakes of North American (New York: J. Disturnell, 1857), S. 186.

7 DieErie-Katastrophe ist oft mehr oder weniger zuverlässig beschrie­ben worden, auch in deutscher Sprache: Paul Koberstein,Der Brand

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