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Die Orgelfrage / beantwortet von Rabbiner I. Nobel in Halberstadt
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und Eurem Gewissen kein Gebot. Wolltet Ihr durch diesen im jüdischen Gotteshause fremden Gast Eure Brü­der aus dem Hause ihres Vaters vertreiben, aus dem ein­heitlichen Verbände ihrer Gemeinde hinausdrängen lassen? Ist diese Musikmaschine es werth, daß Ihr durch sie die Gemeindeeintracht und eure eigene Ge­wissensruhe stört? Es mögen eure Anschauungen von religiösem Gesetz und Brauch von der diesbezüglichen Anschauung eurer mehr rechts stehenden Brüder noch so sehr abweichen, darin seid Ihr doch gewiß mit ihnen einig, daß Ihr ein geachtetes Judenthum im großen deutschen Reiche wünschet. Ist es nun die Orgel, die dem Judenthum diese Achtung verschaffen kann, ist's die Orgelsynagoge, von der doch nur die Spaltung des eignen Lagers ausgeht ?

Mehr als je ist Einheit dem Judenthum nöthig und ruhige Arbeit an den großen Aufgaben innern Wirkens durch Erziehung und Bildung. Die Jugend muß an die Quellen ihres Väterglaubens und ihrer Vätergefchichte geführt werden, damit sich ihr Wissen vertiefe und ihr Selbstbewußtsein hebe. Die Orgelpfeifen vermögen es nicht mit ihren Tönen die Jugend an diese Quellen zu locken. Männer sind nöthig, die mit dem Ernst der innern Ueberzeugung und der Liebe zur heiligen Sache, selbst durchdrungen vom Geiste der Thora und Emuna und selbstauf­opfernd, der Jugend voranschreiten. Dann werden unsere Jünglinge und Jungfrauen sich mit dem Geiste und der Sprache unserer Gebete vertraut machen und in ihrer nbor, Bescheid wissen, dann kann ein Ge­schlecht erwachsen, das den Jsraelgedanken zu seinem Lebensgehalte macht und von Israel mit Stolz zu seinen Geschlechtern gezählt wird.