Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1909) Die Natur / von G. Schwalbe ...
Entstehung
Seite
210
Einzelbild herunterladen

2s0

Entstehen dieser verschiednartigen Bilder an der betreffenden stelle zu geben. Es liegen mancherlei Versuche vor, eine Gliederung und Einteilung der Vegetationsformationen zu geben, aber welcher Faktor als hauptsächlichst wirkend angenommen wird, es er­geben sich Schwierigkeiten.

Die Menge des vorhandenen Wassers im Boden wirkt zweifellos ganz außer­ordentlich stark auf die Physiognomie der Landschaft ebenso wie auf die Ausbildung und den Bau der einzelnen Pflanzen. Wenn man die saftigen und kräftigen, hochauf- schießenden großblättrigen Arten z. B. nasser Fluß- und Teichufer mit den dürren, harten, stechenden und kleinblättrigen Formen der trockenen, sonnigen Abhänge ver­gleicht, so kann es wohl kaum irgendeinen größeren Kontrast geben. Und dock wird eine Einteilung der Vegetationsformationen nach der Feuchtigkeit mancherlei Wider­sprüche liefern, so z. B. ist die Feuchtigkeit vieler Vegetationssormationen in den ver­schiedenen Jahreszeiten sehr wechselnd; es gibt auch bei uns Gelände genug, die während eines großen oder gar des größten Teiles des Jahres sehr feucht oder gar naß sind, in gewissen.Sommerperioden mehr oder weniger stark austrocknen. Solche Formationen werden trotz der langen Feuchtigkeitsdaüer eine an Trockenheit ange­paßte Vegetation tragen müssen, denn wenn die Durstperiode regelmäßig auch nur während eines verhältnismäßig kurzen Zeitraumes in jedem Jahre wiederkehrt, können selbstverständlich nur Pflanzen dort leben, die solche Trockenheit auch er­tragen; die Konkurrenz der sonst stärkerwüchsigen, aber mehr wasserbedürftigen Feuchtigkeitsbewohner ist durch die Trockenxeriode ausgeschlossen.- Eine weitere Tatsache erschwert nun diese Art der Einteilung: Es gibt eme ganze Reihe von Pflanzenarten, die gegen den Wassergehalt des Bodens allein sehr unempfindlich er­scheinen, die sowohl auf ganz nassem wie auf ziemlich trockenem Boden Vorkommen. Die behaarte Segge finden wir sowohl auf Sandfeldern, wo sie ähnlich der Sand­segge ihre langen Zeilen zieht, als auf feuchten, oft wenigstens zeitweise sehr nassen Wiesen. Noch viel häufiger sind solche Fälle aber bei der Vegetation der Heide- formationen: unser Wachholder, die Weser, die Krähenbeere, das Heidekraut und eine ganze Reihe weniger bekannter Pflanzen wachsen sowohl auf den trockenen Heiden und in den sandigen Dünentälern der Küsten, als aus den Heide- oder Hoch­mooren, die oft vor Wasser kaum passierbar sind. Ja, diese große Übereinstimmung, in der Pflanzenzusammensetzung der Heide-(Hoch-)moore mit der Heide und den sich anschließenden trockeneren Formationen, lassen sie beide als unbedingt nahe verwandt erscheinen, trotz ihres großen Feuchtigkeitsunterschiedes.

Die Höhe der einzelnen Vegetationsformationen läßt sich auch schlecht für ihre Trennung verwenden, so einfach eine Einteilung in Wälder und niedrige Formationen (Wiesen, Moore, Heiden usw.) erscheint. Aber erstens tragen die Moore häufig niedrigere bis höhere waldartige Bestände, und namentlich enthält jeder feuchte und besonders lichte Wald so zahlreiche Wiesenelemente, daß eben auch hier nahe verwandte Pflanzenvereine auseinandergerissen würden. Auch die Einteilung nach geologischen Prinzipien, z. B. in Bewohner des Diluviums, Alluviums usw. oder des Sandes und des schwereren Bodens usw., gibt kein irgendwie befriedigendes Resultat.