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Daraus ergibt sich, daß die frommen Bewohner der Klöster die von der katholischen Kirche als Fastenspeise bezeichnete Schnecke zu schätzen wußten, sie einführten und in der Nähe der Klostermauern aussetzten, allwo sie prächtig gediehen und heimisch wurden, In Berlin sind Reste der Weinbergschnecken auf dem Tempelhofer Berg gefunden worden. Auch in Tempelhof selbst sind sie nicht selten, hier mögen sie die Tempelritter angesiedelt haben. Von diesen Stätten künstlicher Anpflanzung hat sich das Tier nur sehr wenig und langsam verbreitet, denn es fehlt an vielen Orten, an welchen es die besten Lebensbedingungen finden würde. Weitere Fundstätten sind jDankow, Rlldersdorfer Kalkberge und Oderberg i. Ak.
Interessant ist ihr Vorkommen auf einer feuchten Wiese im botanischen Garten bei Eberswalde. hier zieht sie wohl der Kalkgehalt des vor Jahren gut gedüngten Bodens an; eingewandert scheint sie zu sein von dem nicht weit davon im Jahre >77«) als Eisenwerk angelegten „Zainhammer", der s824; in eine Knochenmühle umgebaut wurde.
Aut dem Eindringen der Reformation in die hrovinz Brandenburg scheint der Schneckengenuß wieder aufgehört zu haben. Die Fasttage fielen weg und unser Volk scheint derbere Fleisch- und Fischspeise der Weinbergschnecke vorgezogen zu haben. Aber noch einmal wird ein Vorstoß zur Verbreitung der Weinbergschnecke, und zwar durch die protestantischen französischen Rufigiös gemacht, welche seit 1685 nach der Aufhebung des Edikts von Nantes die Schneckenkost in die Aiark Brandenburg wieder einführten. Fast sämtliche reformierte Vertriebene stammten aus schneckenholden Gegenden und brachten deshalb die Neigung für das Schneckenessen mit. Vb demselben durch fremden Import genügt worden sei, muß bezweifelt werden, weil die Einfuhrsteuerrollen darüber schweigen. Die Einwanderer werden wohl die hiesigen verwilderten Weinbergschnecken genossen haben.
höchst wahrscheinlich hängt mit der Wiedereinführung der Schneckenkost der Fund zusammen, welcher im Jahre s872 in Berlin bei den Fundckmentierungs- arbeiten für das Friedrich-Werdersche Gymnasium und das Friedrich-Werdersche Realgymnasium in der Dorotheenstraße gemacht wurde. Neben vielen Topfresten des j7. und f8. Jahrhunderts, zahlreichen Vogel- wie Säugetierknochen, kamen Waffen von Niiesmuscheln, Austernschalen, Fischschuppen, Gräten, Schildkrötenschalenstücken und — Gehäusen der großen Weinbergschnecke vor. Friedel, dem ich in dieser Schilderung folge, setzt diese Abfälle ins Ende des s7. Jahrhunderts und nimmt an, daß die in Berlin angesiedelten vertriebenen Reformierten, welche gut, jedenfalls feiner als die Altberliner, zu essen verstanden, bei der Ablagerung dieser Speisereste beteiligt gewesen sind. Dann aber folgt für Berlin und die Nkark Brandenburg überhaupt eine lange Zeit, in welcher Solix pomrckiu. nicht verspeist wurde. Nur ab und zu hört man in der Zeit vor f870, daß Jemand — meist Schneckensammler — aus Neugier den Versuch gemacht habe, Weinbergschnecken zu kockM und zu verzehren.
Sofort nach Beendigung des Deutsch-Französischen Krieges und der Einverleibung von Elsaß-Lothringen kam das Schneckenessen in der Nkark von neuem auf'