Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1909) Die Natur / von G. Schwalbe ...
Entstehung
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unsere Landsleute, namentlich Offiziere und Beamte, hatten es in Frankreich uno den neuen deutschen Landesteilen kennen gelernt. Sie übertrugen diese Sitte in unserer Heimat. Alsbald, d. h. seit l87f, zeigte die damals berühmte Weinhandlung van Schütt in der Aönigstraße an, daß dort zu dem Elsässer Wein auch Weinbergschnecken feilgeboten wurden. Seit da werden Weinbergschnecken in Berlin genossen und sind in den feineren Gasthäusern bis in die neueste Zeit nicht von der Speisekarte verschwunden; natürlich haben auch sie ihre Saison, da sie nur versandt werden können, wenn sie sich im Herbst zur Winterruhe in ihrem Gehäuse hinter einen festen Deckel zurückgezogen haben.

Sehr zierlich geformt sind die kleineren Schnirkelschnecken (Delix), von welchen manche Arten an Mauerwerk, unter Hecken, selbst an mehr oder minder trocknen Orten Vorkommen. Delix sevicen ist von der Hasenheide bei Berlin, der Pfaueninsel ^ Potsdam bekannt; sie wird noch anderwärts Vorkommen und wurde auch bei Frank­furt a. O. nachgewiesen. Delix cnnckicnns, die wahrscheinlich mit Ziersträuchern eingeschleppt wurde, hat sich an vielen Orten eingebürgert. Außerdem werden ge­funden Dzmlimr crystallina, Delix eostata, strixella, arbustorum, Dupa inuscornm und costnlata.

Nur vereinzelt findet man an der Gartenmauer oder in der Hecke, ebenso auch im Buchenwalde (am Nonnenfließ bei Eberswalde) die reizende Delix lapiciäa, den Steinpicker, mit ihrem flachgewölbten, tellerförmigen Gehäuse von dem Umfang eines Fünfpfennigstückes oder etwas größer; auch bei Glienicke, Potsdam, Rheinsberg, Bärwalde, Angermünde wird sie gefunden.

An sonnigen Hängen vor der Hecke, am Wegrande sowie auf Triften sind Delix striata, Dulimiuus triücns, kupa krumeutum und muscnrum nachge­wiesen.

Beim Suchen nach Schnecken findet man manches Vogelnest in den Hecken. Der Weidenlaubsänger (kbvllopncuste ruka), jener kleine unscheinbare Sänger, der von den ihm verwandten Arten zuerst im Frühjahr zu uns kommt und noch spät im Herbst sein einfaches, aus zwei Silben Zipp Aepp, Zipp Zepp bestehendes Lied uner­müdlich erschallen läßt, baut in Hecken, nahe am Boden, ein sogenanntes Backofennest. Es ist kugelrund, dem im Felde stehenden Backofen märkischer Dörfer vergleichbar, mit seitlichem Einschlupf, fest und warm aus Moos gefertigt. Es enthält kleine weiße Eier mit weitständigen blutschwarzen Punkten. Ebenfalls in Hecken versteckt baut in derselben Weise tief auf dem Boden der Fitislaubvogel (Düyllopiwnste troebilus), der etwas lebhafter gefärbt ist und infolge der längeren Flügel und des längeren Schwanzes schlanker von Gestalt erscheint. Sein Lied besteht aus einer absin­kenden Folge kurzer Laute, welche in der Tonfarbe an den aufflackernden Gesang des Rotkehlchens erinnern, durch sein gleichmäßiges Doeroscernko aber unter allen Gesängen sofort auffällt. Einer der herrlichsten Sänger der Gärten ist der Garten- laubvogel, auch Bastardnachtigall, oder Spottvogel genannt (Dchp'olni's ieteriurr). Unermüdlich ist er dabei, sein lautes, neckendes, andere Sänger übertönendes Lied erschallen zu lassen. Es besteht aus scharf gesonderten Strophen von größter Mannigfaltigkeit, die wiederholt werden mit der Hast und Virtuosität eines Iong-