Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1909) Die Natur / von G. Schwalbe ...
Entstehung
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Das Gras im Graben vor der Hecke bietet im Sommer dem Sonnenwendkäfer (RbiriotroKns solstitäulis) ein sicheres Versteck, über dem er abends umherschwärmt; hier finden sich an Wegerich die Raupen zahlreicher Falter aus den Gattungen Kretin, 8pilo8omu, ^Kroti» u. a. m.

In der Hecke zwischen welken Blättern, unter der Rinde sitzt versteckt der Ohrwurm (Vorkioulu), unschädlich und ungefährlich. Sein deutscher Name weist hin auf die Furcht, die mancher wohl heute noch vor ihm hat. In 23 Tagen hat im Spätherbst oder Frühjahr das Weibchen seine Gier an geeigneter Stelle unter Rinde oder einem Stein abgelegt, bald darauf gräbt es eine kleine Erdmulde an ver­steckter Stelle, schleppt die Gier mit Hilfe seiner Nieser dahin und bewacht dieselben.

Garrenbewohner.

Iber die Gartenmauer ragen die Aste der reichtragenden Obstbäume. Auch hier nisten mancherlei Vögel. In meinem Garten baut alljährlich der Stieglitz (Ouräuelis kleZans); sein Nest steht Hoch, gewöhnlich am Ende eines herab­hängenden Zweiges. Das schönste Distelfinknest das ich je gesehen es war nicht in der Provinz war in den tief herabgebogenen Zweig einer im Blütenschmuck stehenden Roßkastanie frisch gebaut und der obere Rand war gebildet von blühenden Vergißmeinnicht, welche die bunten Vögel vom nahen Beete geholt. Ein herrlicher Schmuck des Hauses für das junge Pärchen, dessen Wännchen seinen aus mehreren verschieden hohen Tönen bestehenden Lockruf erschallen ließ, um dann in die kurze laut flötende Gesangsstrophe überzugehen.

Im April stellt sich bei uns der Girlitz (Seriuus bortulunus) ein. Ur­sprünglich aus Süd- und Westdeutschland beschränkt, ist er im Laufe des vergangenen Jahrhunderts immer weiter nach Norden vorgedrungen. Im Jahre s887 kannte Altum den Gesang des Vögelchens überhaupt noch nicht; ich machte ihn auf den­selben aufmerksam, und wir schossen das erste Eberswalder Exemplar. Es wird aber wohl schon einige Jahre vorher dort einheimisch gewesen sein. Um das Jahr sstOO war seine nördliche Verbreitungsgrenze gegeben durch die Linie Bonn, Rassel, Neu­stadt a. d. Dosse, Spandau, Berlin, Eberswalde, Frankfurt a. M., Glogau, Aosel, Ratibor und Arakau. Das niedliche Vögelchen hält sich gerne in großen Gärten, Promenaden-Alleen, Friedhöfen und ähnlichen Anlagen mit einigen alten Bäumen auf. Sein Liedchen ist nicht klangvoll und nicht weit hörbar, aber sehr charakteristisch und wird fleißig geübt, meist von demselben Zweig im höchsten Baumwipsel oder vom trocknen Zacken eines Astes.

Gleichzeitig mit dem Girlitz stellt sich im Frühjahr auch der Wendehals (äkuu-e torgullla) im Baumwerk des Obstgartens ein, ebenso gerne siedelt er sich auch in Feldgehölzen an. Sein mäßig schnell wiederholter Ruf ist laut und wohl allbekannt, selten dagegen wird der durch sein braunrindenfarbiges Aleid geschützte Vogel erspäht.

Wenn der saubere, elegant gefärbte Airschkernbeißer im allgemeinen auch Wald­ränder vorzieht, so kann man diesen Vogel mit seinem unförmig dicken, hellhorn- farbenen Schnabel doch auch in den Gärten beobachten.