Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1909) Die Natur / von G. Schwalbe ...
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Wohnung mit einer anderen, die auf demselben Blatte genau wie die frühere an­gelegt wird. Nach dieser wird eine dritte und vierte bezogen, mit kräftigem Schnitt sind größere Blatteile halb abgenagt und umgebogen, nicht selten werden dabei die Hauptnerven des Blattes an ihrer Basis ebenfalls durchbissen, so daß dann Teile des Blattes welk herunterhängen. Später verläßt das Räupchen die Stätte seiner Tätigkeit und geht in den Boden, wo es nach Fertigung eines Gespinstes zur Verpuppung schreitet. Auffallend ist es, daß man in dem nur von wenigen Gespinstfäden zusammengehaltenen Hause niemals Kot findet. Diese Tatsache er­klärt sich daraus, daß die Raupe mit einer eigentümlich starken Kontraktionsfähigkeit der Schließmuskeln des Afters ausgestattet ist, vermöge welcher sie die trockenen festen Kotballen 25 bis 30 cm weit fortschleudert. Am Flieder (Syringe) ist in manchen fahren ein Braunwerden der Blätter und Vertrocknen der abgestorbenen Spitzen all­gemein und weit verbreitet, hier ist ein Blattminierer der Schädling, denn die Raupe der Fliedermotte slliusu s^rinxsliu) hat das Blattgrün des Blattes ver­zehrt und die vertrocknenden Blattoberhäute sind braun geworden.

Ls ist selbstverständlich, daß der geringen Verbreitung des Weinstockes ent­sprechend nur wenige auf denselben angewiesene Tiere bei uns heimisch sind. Daß die weitverbreitete kirvtoxtus vitis auch hier (Senftenberg, Spindlersfelde bei Berlin, Lüdersdorf bei Wriezen, Neu-Tornow bei Freienwalde, Wannsee, hankels Ablage und Landsberg a. W.) auftritt, ist nicht zu verwundern. Aber auch die Rebschildlaus (I^cunium vitis) wurde gefunden in Schwiebus sowie in Tzschetschnow bei Frank­furt und in Berlin; ferner (^.Zrostis praecox), eine der düsteren Erdraupen, welche in Treppeln, Kreis Krossen, etwa seit i8h8 beobachtet wurde und besonders l904 so stark auftrat, daß an jedem Stock 3H Raupen zu finden waren, dis wenigstens die Hälfte der jungen Triebe abgefressen hatten. Auch der Rebenfallkäfer (Lumolpus vitis) zählt zur märkischen Fauna; er wurde in Senftenberg beobachtet.

Ls könnte vielleicht überflüssig erscheinen, etwas von der Raupe des Kohlweiß- lings hier zu sagen, und doch bietet ihr Auftreten in Brandenburg mancherlei Inter­essantes, und wurde, falls genaue, sachkundige und vor allem umfassende Nachrichten vorlägen, vielleicht Winke zu erfolgreicher Bekämpfung bieten. Diese scheint dringend geboten, wurden doch z. B. f895 bei Sommerfeld 30, bei Reppen 50 Prozent der Rüben und bei Fürstenwalde sOO Prozent der Kohlfelder vernichtet. Alle Kultur­pflanzen aus der Gruppe der Kreuzblütler werden von dem Falter der zweiten Gene­ration im Vorsommer massenhaft mit Liern belegt: Kohlrüben, Wruken, Wasser­rüben, Senf und andere, während die überwinternden Tiere der ersten Generation nur wenige Lier an wildwachsende Truciferen ankleben; ferner erscheint beachtens­wert, daß der in der Nähe von Gebäuden gebaute Kohl bevorzugt, vielleicht auch nur leichter gefunden wird, als das weitabgelegene Kohlfeld; mit den Angaben, daß Trockenheit die Entwicklung begünstige, nasses Wetter der Raupe Gefahr bringe, stimmen die Erfahrungen von sstO? überein. Ebenso wird aus Schönberg im Kreise Frankfurt meine Erfahrung bestätigt, daß Schlupfwespen und parasitische Pilze zur Verminderung des Schadens nicht beitragen, mag man auch zahlreiche sterbende Raupen finden, die behaftet sind mit den gelben Kokons ihrer Parasiten (MoroAustor