Teil eines Werkes 
Bd. 1 (1909) Die Natur / von G. Schwalbe ...
Entstehung
Seite
373
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IH. Schmetterlinge.

Die wirtschaftlich bedeutungsvollen Schmetterlinge des märkischen Waldes find gering an Artenzahl; die Wirkung des Raupenfraßes wird aber bei der von Zeit zu Zeit wiederkehrenden starken Vermehrung einzelner Arten bedrohlich für den befallenen Bestand, wenn er aus wintergrünem Nadelholz besteht. Laubhölzer, sowie die ebenfalls im Winter kahle Lärche, überstehen den Verlust der Blätterorgane, ohne Schaden an ihrer Gesundheit zu nehmen. Die Lärche, welche mit ihrem hell leuchtenden Grün gleich der Birke sich scharf von dunkeln Kiefern abhebt, steht gar oft im Vorfrühling in schmutzigweißer Benadelung da. Alles Grün der Nadeln ist verschwunden, sie ist ausgefressen, allen Blattgrüns beraubt, nur die farblos- weiße Oberhaut blieb zurück. Der Schädling ist noch bei der Arbeit, aber vorzüglich geschützt, so daß er kaum Feinde unter den Znsektenvertilgern haben dürfte. Ls ist ein Räupchen, welches aus gelbem Li entstanden, im Sommer sich in eine Lärchen­nadel hineingefressen hatte. Darauf hat es, in der Nadelspitze sitzend, diese abge­bissen und schleppt sie als schützende hülle mit sich umher, um an der Rinde oder den knospenartigen Aurztrieben zu überwintern. Zm Frühjahr regt es sich wieder und wandert, den Hinterkörper in den Sack versteckend, zu den jungen grünen Nadeln, um diese ebenfalls auszufressen. Bis Mitte April hat die Larve an Größe- so zugenommen, daß ein größerer Sack notwendig wird. Diesem Bedürfnis nach­kommend, verbindet sie das vordere Lnde des alten Säckchens an dem Lingangsloch einer eben erst rein ausgehöhlten Nadel mit dieser letzteren durch Spinnfäden. Darauf schneidet sie von innen her die neue Nadel rundum ab und besitzt nun ein Doppel­haus, in dem die alte und die neue Nadel wie zwei Finger eines Handschuhes miteinander verbunden sind. Ls bleibt nur übrig, sie der Länge nach aufzuschneiden und seitlich miteinander zu verbinden, um sie zu einem Sack von doppeltem Umfang zu vereinigen, ein Geschäft, welches die Larve mit großer Geschicklichkeit innerhalb mehrerer Tage bewerkstelligt. Jede einzelne Raupe frißt innerhalb zweier Aalender- jahre zuerst vor der Überwinterung von Zuli bis Oktober, hierbei wird die Lärche nicht auffallend verfärbt, da jedes Räupchen nur ein Stückchen einer Nadel braucht. Der im April stattfindende Frühjahrsfraß verfärbt die Lärchen, doch ergrünt sie bald wieder, wenn die jungen grünen Triebe wachsen. Ls ist die winzige silbergraur Lärchenminiermotte stklvoa lavicolla), deren Raupenleben geschildert wurde.

Die märkischen Buchenbestände werden in manchen Jahren völlig von dem Buchenrotschwanz (Vus^clüi-g. pnäibnnckg.) entlaubt. Ulan hatte jahrelang Ge­legenheit in den Revieren Freienwalde und Lberswalde im August völlig entnadeltes Buchenaltholz zu sehen. Wenn der Falter auch nach den vorliegenden Angaben über ganz Luropa verbreitet ist, so gilt doch die Provinz Brandenburg neben Rügen und den südwestdeutschen Mittelgebirgen unter den Forstleuten als Hauptzentrum seines Auftretens. Der Falter ist trüb-gelbweiß von Farbe mit hellbrauner Be­stäubung und aus zwei deutlichen (Zuerstreifen bestehender Zeichnung. Lr zeichnet sich dadurch aus, daß das dunkle Pigment feiner Flügel mehr oder minder vor­herrscht, so daß man zur Flugzeit Lnde Mai, Anfang Juni unter den massenhaft an den Buchenstämmen sitzenden Faltern alle Grade -er Verdunkelung vom trüben,