Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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6 Tremmen auf Abb. 96 ), andere Buchstaben zu sein. Wieweit einzelne noch mit Runen in Beziehung zu setzen sind, mag dahingestellt bleiben, obwohl die Ähnlichkeit oft überraschend ist?)

Grenzzüge. War durch die Hofzeichen eine Störung des Besitzes der Bewohner nach Möglichkeit vermieden, so ging das Bestreben doch auch dahin, das Eigentum der Gesamtheit zu sichern. Diesem Zwecke dienten die Grenzgänge, die sowohl in den Dörfern wie in den Städten feierlich stattfanden, um das Gebiet der Zugend bekannt zu machen und etwaige Grenzverschiebungen zu berichtigen. Zn diesem letzten Punkte waren unsere Vorfahren sehr empfindlich; eine ganze Gattung von Sagen weiß von den Strafen zu berichten, die den Grenzverächter trafen. Um so mehr mußte eine solche Grenzbesichtigung zu einem feierlichen Ereignis werden, als damit ursprünglich auch Kulthandlungen verbunden waren. Da bei einem Grenzgang auch die benachbarten Gemeinden beteiligt waren, so wurden diese dazu geladen. Das hatte aber zur Folge, daß diese geladene Gemeinde ihre Besichtigung in dem laufenden Zahre aussetzte. So bildete sich ein regelmäßiger Turnus von Grenzzügen heraus, der von der Anzahl der beteiligten Gemeinden abhängig war. Es fand z. B. der Grenzumgang zwischen den Dörfern lsohen-Wcrbig und Zixdorf alle sechs Zahre statt, weil das letztere außer mit hohen-Werbig noch mit Garrey, Herzendorf und Berkau in wechselseitigen Grenz­beziehungen stand. Zm Laufe der Zeit geriet diese Regel wohl manchmal in Ver­gessenheit; auch kamen Unglücksjahre hinzu, die Zwischenzeiten etwas länger zu dehnen. Zwischen Garrey und Berkau wurden sie auf zwölf Zahre, später auf neun Zahre bemessen, zwischen Bergholz und Grubo, beide wie die vorher genannten Dörfer auf dem Fläming, auf zehn Zahre ausgedehnt.

Das Dorf, das den Grenzzug, den Grenzgang, das Grenzziehen veranstaltet, sendet an die beteiligten Gemeinden einen Boten mit dem Aufträge, einen möglichst genehmen Termin festzusetzen. Zumeist tritt die befragte Gemeinde erst zusammen und bestimmt dann den Tag, meistens einen Sonnabend. Am festgesetzten Tage treffen sich die Bauern und Kossäten am Morgen, jeder mit einem Spaten versehen, an der Grenze. Die ladende Gemeinde brachte eine Musikkapelle mit?) Die Bewohner eines jeden der beteiligten Dörfer stellten sich, den Schulzen vor der Front, an der beiderseitigen Grenze auf. Auf die Anfrage des Schulzen der eingeladenen Gemeinde, warum sie zur Grenze geladen seien, erfolgt die Antwort:Die Hügel zu erneuern, die Grenzen zu besichtigen, das Anrecht zu strafen." Dann wird der Zug um die Grenze angetreten. Bei jedem der Grenzhügel, die unverwesbare Stoffe wie Glas, Asche, Steine im Znnern bergen und etwa 50 bis s00 in weit auseinanderliegen, wird haltgemachl, und unter den Klängen der Musik die Hügel neu angeschüttet. Das geschieht so, daß jede Gemeinde die der anderen Gemeinde zugewandte Seite aufsandet. hat einer über seinen Acker

9 Zur Sippe der Hofzeichen gehören nach neueren Forschungen ursprünglich auch die Steinmehzeichen, die man an mittelalterlichen Hausteinkirchen findet. S. LI. Pfau, Das gotische Steinmetzzeichen. Beiträge zur Kunstgeschichte. Neue Folge XXII, ,8IS.

5o ist es wenigstens in dem letzten Jahrzehnt gehandhabt worden, wie es aus einem Berichte von ,88, über den Grenzgang zwischen hohen-werbig und Zixdorf hervorgeht (Bär VIII, , 882 , S. Hvo). Ursprünglich war wohl ein Priester bzw. ein Gottesdienst vorgesehen.