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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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BRADE/NEFEDOVA 1998, NEFEDOVA et al. 2001, PALLOT/NEFEDOVA 2003) sowie von L. OVCINCEVA(2001) im Vordergrund. Letztere beschäftigt sich aus der Sicht der Infrastrukturplanung mit den Entwicklungstrends der ländlichen Siedlungen.

Schließlich widmete sich ein INTAS-Forschungsprojekt unter wissenschaftlicher Koordi­nation von W. HELLER, Institut für Geographie der Universität Potsdam, gemeinsam mit russischen Partnern(A. I. ALEKSEEV/Moskau, J. V. POROSENKOV/Woronesh, V. V. RUDZKI/ Barnaul) explizit 1998-2001 den Transformationsprozessen im ländlichen Raum Russ­lands(HELLER et al., 2003).

Zwar bietet die russische Fachliteratur, ergänzt durch die Veröffentlichungen des Stati­stischen Amtes der Russischen Föderation(GOSKOMSTAT), einen Einblick in die Entwicklungstrends auch der Agrarwirtschaft und die soziale Sphäre des russischen Dorfes(BONDARENKO 2000, OVCINCEVA 2001), lässt aber Lücken hinsichtlich einer geschlossenen Analyse der Transformation in der Landwirtschaft und der ländlichen Sied­lungen erkennen. Das betrifft vor allem auch die Kenntnis der großen regionalen Vielfalt in Ablauf und Ergebnissen der Transformationsprozesse.

Die vorliegende Schrift will daran anknüpfen und versucht, auf der Grundlage von Fachliteratur und statistischen Veröffentlichungen ihren Beitrag zum vertieften Verständ­nis der Transformation in Agrarwirtschaft und ländlicher Siedlung Russlands zu leisten. Sie ist in vier Hauptabschnitte gegliedert. In einem ersten Teilabschnitt werden die Transformationsprozesse in der Landwirtschaft als Branche(Privatisierung, Produktions­faktoren, räumliche Muster der Produktionsstrukturen, Vermarktungsprobleme) darge­stellt. Im zweiten Abschnitt wird ein Überblick über die soziale Situation der ländlichen Haushalte im Ergebnis der Agrarkrise gegeben(Einkommenssituation und Ausgaben­verhalten in regionaler Differenzierung). Dann beschäftigt sich ein dritter Teilabschnitt mit einer Analyse der siedlungsstrukturellen und demographischen Entwicklungstrends in den ländlichen Siedlungen, um schließlich in eine Darstellung der Transformationsprozesse in Landwirtschaft und Siedlung in ausgewählten Regionen(Regionalteil) zu münden. Als Fallbeispiele dienen hier der zentrale Agrarraum des europäischen Russlands(Zentral­region), die Zentrale Schwarzerde-Region, das westsibirischeAgrardreieck zwischen Omsk, Nowosibirsk und Barnaul sowie Agrar- und Siedlungsräume Ostsibiriens. Beson­ders in den letzteren Teilräumen stellen sich unter den Bedingungen des Marktes neue Fragen zur Wirtschaftlichkeit des Agrarsektors, zur Entwicklung und Bestandswahrung der Siedlungen und der Existenzsicherung der ländlichen Bevölkerung.

2 Politische und makroökonomische Rahmenbedingungen für die Landwirtschaft Russlands nach 1990

Angesichts der Vertiefung der Wirtschaftskrise in der Sowjetunion der 80er Jahre waren schon während der Amtsperiode des Präsidenten M. Gorbatschow einige marktwirt­schaftliche Elemente innerhalb des Systems der sowjetischen Zentralverwaltungs­wirtschaft eingeführt worden, aber erst unter der Präsidentschaft Boris Jelzins kam ab 1992 Bewegung in die Reformprozesse. Von Jelzin in die Regierung berufene Reformer nahmen jetzt politisch Kurs auf marktwirtschaftliche Reformen. Der Transformations­prozess in Russlands Wirtschaft und Gesellschaft hat jedoch seither einen sehr langfristigen und problemreichen Charakter angenommen.

In Anlehnung an die makroökonomische Entwicklung kann bisher von drei zeitlichen Phasen der wirtschaftlichen Transformation ausgegangen werden(vgl. auch R. GÖTZ 2001, S. 1287 ff.).

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