Andererseits verfügte die Landbevölkerung in der Regel über größeres Hof- und Gartenland, mit deren Ressourcen die krisenhafte Ernährungssituation besser kompensiert werden konnte als von Teilen der Stadtbevölkerung. Erst in den Jahren 2000/2003 sind Anzeichen für eine Verbesserung der sozialen Situation zu erkennen(MANELLJA /KUDRJAVCEVA 2003, S. 52 ff.).
4.1 Die Einkommenssituation
Nach Angaben von GOSKOMSTAT verfügten 1998 47% der ländlichen Bevölkerung Russlands(18,5 Mio. Menschen) lediglich über ein Monatseinkommen, das unter dem jeweiligen regionalen Existenzminimum lag(BONDARENKO 2000, S. 69). Dabei hatte der Anteil des Arbeitslohnes am monetären Gesamteinkommen der Haushalte stark abgenommen. Bei der Einschätzung der Einkommenssituation der ländlichen Haushalte ist auch zu berücksichtigen, dass traditionell in Russland die Arbeit in der Landwirtschaft schon immer ökonomisch unterbewertet wurde. Noch im Jahre 2003 betrugen die Monatslöhne in der Landwirtschaft nur monatlich 2300 Rubel gegenüber 3551 Rubel im Forstwesen und 7278 Rubel in der Industrie(VOPROSY STATISTIKI 2004/2, S. 27).
Unter der Präsidentschaft Putins hatte die Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen nach 1999 schwache Ansätze zur Verbesserung der Lebensverhältnisse auf dem Lande zur Folge(partiell in der Agrarproduktion, Stabilisierung staatlicher Sozialtransfers). Obgleich Erhöhungen der Geldeinkommen unter anderem durch inflationäre Prozesse nach wie vor beeinträchtigt werden, deutet die Steigerung des Nominaleinkommens der Bevölkerung des Landes zwischen 2002 und 2003 um 25% bei gleichzeitigem Wachstum der Inflation um 13/14%(MANELLJA /KUDRJAVCEVA 2003, S. 53) auf einige positive Effekte für die soziale Lage auch der Dorfhaushalte hin.
4.1.1 Haushaltseinkommen und Existenzminima in regionaler Sicht
Auf die Gesamtbevölkerung Russlands bezogen, sank der Anteil der Bevölkerung mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum von 29%(42,3 Mio. Personen) im Jahre 2000 auf 23%(32,9 Mio. Personen) im Il. Quartal des Jahres 2003(KOLESNIKOVA 2004, S. 77). Mit vergleichsweise besonders niedrigen Einkommensverhältnissen liegt auf dem Lande der Anteil der Bevölkerung mit einem monetären Einkommen unter dem Existenzminimum mit Sicherheit deutlich höher.
Die geographische Größe Russlands und sein regional äußerst differenzierter sozialökonomischer Entwicklungsstand zwingen zu einem vergleichenden Blick auf die jeweilige regionale Einkommenssituation. Obwohl die folgende Übersicht wieder nur die Gesamtsituation der Region(Föderationssubjekt) ohne Stadt-Land-Differenzierung wiedergibt, sind Rückschlüsse auf die jeweiligen ländlichen Verhältnisse möglich(vgl. Tab. 4.1.1-1).
Das durchschnittliche monatliche Gesamteinkommen der Bevölkerung wird in den Regionen maßgeblich von den makroökonomischen Verhältnissen, aber auch von der Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gebietskörperschaften, dem sozialökonomischen Entwicklungsstand der Gebiete sowie auch von ihrer geographischen Lage im subkontinentalen Russland beeinflusst. Besonders profitieren davon die rohstoffreichen Nordgebiete in Westsibirien und im europäischen Raum sowie der Ferne Osten. In Südsibirien sind dazu seit Anfang der 90er Jahre auch die Republik Tywa(Tuwa) und angrenzende Rayons der Republiken Altai und Burjatien gehörig(vgl. KLÜTER 2000, S. 16).
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