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Russlands Landwirtschaft und ländliche Siedlungen in der Transformation / Hans Viehrig
Entstehung
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Republiken dienen größere ländliche Siedlungen mit allerdings völlig unterentwickelter Infrastruktur als Standorte örtlicher Märkte. Als Rayonzentren besitzen sie eine Größe zwischen 2000 und 4000 Einwohnern. Insgesamt verzeichnete die Regionalstatistik der Republik Altai 1998 247 ländliche Siedlungen mit einer Durchschnittsgröße von 617 Ew. (RuDZzkIı 1999, S. 16).

In beiden Republiken leben die nichtrussischen Ethnien(Oiroten-Altaier und Tuwiner) vorrangig auf dem Lande. In der Landwirtschaft Tywas waren 1989 zu über 85% Tuwiner beschäftigt. Ihr Anteil sollte noch gewachsen sein, da viele Russen auf Grund interethni­scher Konflikte nach 1990 das Land verlassen haben. Das Lebensniveau der altaiischen, besonders aber der tuwinischen Bevölkerung liegt weit unter dem_russländischen Durchschnitt. Nach OVSJANNIKOVA/CUDINOVA(2001, S. 63) waren im Jahre 2000 50% der altaiischen und 68% der tuwinischen Bevölkerung amtlich zur Armut zu rechnen. Bei Zugrundelegung eines regionalspezifischen monatlichen Geldeinkommens von 1445 (Altai) und 1749 Rubel(Tywa) als Existenzminimum(Stand IV. Quartal 2001) erreichten im Altai ca. 45% und in Tywa ca. 75% der Bevölkerung diese Schwellenwerte nicht (nach REGIONY Rossıl 2002, S. 131). In der Republik Altai verfügten 28% und in Tywa 33% der Bevölkerung sogar nur über ein registriertes Geldeinkommen von unter 1000 Rubel(ebenda). Schattenwirtschaftliche Tätigkeiten und die Sorge um ein Natural­einkommen vom eigenen Garten oder Hofland sind eine unausbleibliche Konsequenz. Zeugnis für die dramatische soziale Situation auf dem Lande ist auch die überaus niedrige natürliche Lebenserwartung speziell bei der männlichen Landbevölkerung. Im Altai lag sie 2001 bei 53, in Tywa nur bei 49 Lebensjahren(DEMOGR. EZEGODNIK ROossı| 2002, S. 113). Zunehmende Morbidität und Alkoholmissbrauch besonders bei Tuwinern und Altaiern werden auch regierungsseitig als alarmierendes Signal für die zukünftige demographische Entwicklung der Regionen verstanden(vgl. auch PENTER 1997, S. 675). Die Ver­schlechterung der Lebensverhältnisse hat nach 1994 besonders in Tywa zu einer durchgängigen Landflucht geführt. Dort verzeichneten die Dörfer alljährlich Migrations­verluste zwischen 10/14°%o. Die Landflucht ist vorwiegend auf die Hauptstadt Kysyl gerichtet. Hier entstand im unmittelbaren Vorfeld der Stadt ein marginaler Kranz von Jurten- und Armutsbehausungen.

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Foto 6.4-1: Ländliches Zentrum Ulagan im Nordaltai(Steppenbecken)/Republik Altai Foto: H. Viehrig(1995)

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