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Nur diese zwei Strophen umfaßt diese >844 ausgezeichnete Fassung. Über das Alter des Liedes habe ich Bestimmtes nicht feststellen können; die weite Verbreitung in Deutschland läßt auf höheres Alter schließen.
Der Abschied, das Liebchen, die dunkle Zukunft und nahe Todesgefahr, Marsch und Biwack: das sind die meist gebrauchten Motive des Soldatenliedes, das mit rasch wechselnder Stimmung, schnell überwundener Rührung und meist frischen Melodien ein gewisses flottes Leben gewinnt, das diese Lieder vor anderen kennzeichnet. Ganz im Kreise dieser Motive und Stimmungen bewegt sich das „Soldatenlos" (Liederhort 38ß), dessen erste Strophe ausgezeichnet das Lebensgefühl von Menschen ausdrückt, die gewohnt sin-, den Fuß soviel flüchtiger aufzusetzen als andere:
Ich weiß nicht, bin ich reich oder arm,
Dder geht's mit mir zum verderben;
Und ich weiß nicht, komm ich noch einmal nach Haus,
Gder muß ich vor dem Leinde sterben?
Viele deutsche Landschaften kennen außer der Mark dieses Lied;') in Brandenburg ward anscheinend ein Lied ähnlichen Tharakters und gleich weiter Verbreitung^) nock> häufiger gesungen, das beginnt „Kamerad, ich bin geschossen". Zn Hohensaathen sang man es > 853 wie folgt (Nachlaß 20 „« 7 ):
1. „Kam'rad, ich bin geschossen.
Die Äuget hat mich getroffen;
Führe mich nach ein (tzuartier,
Daß ich hier verbunden werd."
2. „Kam'rad, ich kann dir nicht helfen. Helfe dir der liebe Gott selber.
Helfe dir der liebe Gott!
Morgen früh marschier» wir fort."
z. „Des Morgens um halb viere.
Müssen wir vor den Junker marschieren. Marschieren die Gasse auf und ab; Schönster Schatz, komm zu mir herab!"
». „Ich kann nicht zu dir kommen,
Sein so viel falsche Zungen;
Denn sie schneiden mir ab meine Ehr', Selber haben sie keine mehr."
5. „Soll'n sie dir deine Ehr abschneide», Geduldig mußt du leiden,
Leide alles mit Geduld,
!Ver weiß, an wem du's hast vcrschuldt."
6 . „Wann wirst du wiederkommen,
Im Winter oder Sommer?
Sage mir die rechte Zeit,
Schönster Schatz, wenn du wiedrum kommst?"
7 . „Die Stunde kann ich dir nicht sagen, Keine Glocke hör ich mehr schlagen, Denn wir gehn ja weit ins Feld, Schönster Schatz, vors Königszelt."
Die Melodie aus bsohensaathen weicht wenig ab vou der in Erks Liederhort (Nr. 53 ). Dies Lied bildete die Grundlage für Arnims phantastische „Rewelge" im Ivunderhorn (>, 72); das Marschieren zwischen drei und vier, in der fahlen Morgendämmerung, und die Zeile „keine Glocke hören wir schlagen" weckten dein Dichter Assoziationen an Geisterheere und Geisterschlachten und führten ihn so zu einem eigentümlich fesselnden Gedicht, von dem Goethe sagte: „Unschätzbar für den, dessen Phantasie folgen kann."') Auch das Arnimsche Lied ging dann stellenweis in den Volksgesang über?)
H Siehe Mariage S. 2; 7 .
°) Siehe Köhler-Meyer Nr. 2SZ.
') Bode, Die Bearbeitung der Vorlagen in des Knaben wunderhorn, >909, S. 579. H I- Meyer, Kunstlieder, Nr. 5 i.
Srandenburgisch« Landeskunde. Bd. NI.
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