Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1912) Die Volkskunde / von Robert Mielke [u.a.]
Entstehung
Seite
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Eine recht eigenartige Gruppe der Steinzeitgesäße sind die Kugelamphoren (Abb. 173). Die ältesten haben noch einen scharf abgesetzten Hals; die jüngeren zeigen weichere Formen, und die jünsten sind schon beinahe birnen- oder eiförmig. Die Kugel- ampboren sind Vertreter eines festumgrenzten Kulturkreises. Ihre Entwicklung und Verbreitung hat stets die Aufmerksamkeit der Forscher aus sich gezogen und ist zur Lösung ethnologischer Probleme herangezogen worden?)

Eine zweite, ebenfalls scharf umrissene Gruppe von Gefäßen ist die des Bern- burger Typus (Abb.s76), der seinen Namen nach der Gegend trägt, in der er am reinsten und häufigsten auftritt. Die Gesäße des Bernburger Typus sind nicht selten doppeltkonisch und zeichnen sich häufig durch einen breiten, nahe dem Boden eingesetzten Henkel aus. Naturgemäß werden sie am zahlreichsten im Westen und Süd-

westcn der Akark gesunden. Begleiterscheinungen dieser Kultur sind Beile aus Widaer Schiefer

Als dritte Gruppe hebt sich der Japsen­de eher deutlich heraus. Diese Becher haben oft leistensörmige oder zapsenartige Vorsprünge. Sie sind zum Teil unverziert; nicht selten aber tragen sie Schnur­ornamente. Am zahlreichsten treten sie im Gebiete der unteren Oder auf (Taf. I, 27).

Die Verzierungen sind auf Steinzeitgefäßen immer tief und scharf eingedrückt oder eingeschnitten. Zur Herstellung der Verzierung dienten Stäbchen aus Holz oder Knochen, Halme, Vogelfedern und Feuersteinspäne. Elemente der Verzierung sind der Punkt stich, die S ch n i t t v e r z i e r u n g, der Ringelstich, der mit vorn abgeschnittener Federspule oder mit einem hohlen Knochen hergestellt wurde, und der Furchen- stich. Bei letzterem zog man nach schräg ge­richtetem Einstich das Werkzeug im Ton zurück. Zwischen dem ersten und dem zweiten Einstich entsteht auf diese Weise ein flacher Kanal. Besonders zugcrichtete stempelartige Werkzeuge müssen den Bogen-, den Winkel- und den Kreuz st i cb hervorgebracht haben (Taf. I, 34). Als ganz besonders eigen­tümliches Ornament tritt die S ch n u r v e r z i e r u n g (Abb. 177) auf. Eine nach rechts gedrehte Scbnur wurde uni das Gefäß gelegt und dann in den weichen Ton eingedrückt.

Aus den eben ausgezählten Elementen setzen sich beinahe alle Bmster der Stein­zeitkeramik zusammen. Wagerechte, senkrechte oder schräge Strich- und Liniengruppen, Kreise und Punkte, zu Gruppen vereinigt, der Punkt oder der Kreis am Ende der Linie, der Winkelstich, mehrfach zu sebuppenartigen Dreiecken zusammengestellt, Aick-

Abb. 177. Gesäßreste mit Schnur- verzierung. Angermiinde. Märk. Mus. II. gzzz.

*) Kossinna: Der Ursprung der Urfinnen und Urindogermanen und ihre Ausbreitung nach Bsten. Mannus I u. II, 1909 u. 19 io. P>. ksöfer: Über Kugelamphoren. Jahresschrift s. d. iächs.-thür. Länder. X, 19 N, -- 21 ff.