Geſchichtliche Einleitung. XVII
zu vielfachen Siedelungen und für das Zuſammenſtrömen von Menſchen bei beſonderen Gelegenheiten, zumal religiöſen Feſten, vorhanden. Daher laſſen ſich hier zum mindeſten drei Ortſchaften, Parduin, die wichtigſte in der Mitte, Luckenberg weſtlich und der Kietz öſtlich nachweiſen, aus denen ſpäteſtens zu Beginn des 13. Jahrhunderts ein deutſches Gemeinweſen mit ſtädtiſchem Charakter er— wachſen war. Beſonders bei der Geſchichte der Altſtadt erinnere man ſich, daß in unſerer Mark ebenſo wie auch in Schleſien (vgl. Meinardus, Neumarkter Rechtsbuch 1906, S. 25) und in der Mark Meißen, auf der Grenzſcheide zwiſchen Städten und Dörfern Gemeinweſen mit vorläufig noch unbeſtimmtem Charakter vorhanden waren, in denen neben bäuerlichen Koloniſten Marktleute anſäſſig waren, cultores agrorum und korenses et mercatores. Waren die Umſtände nicht günſtig, fo ſanken derartige Gemeinweſen in der Folgezeit zu Dörfern herab, wie Falkenhagen im Lande Lebus ; andere dagegen kamen unter der Gunſt der Verhältniſſe in den Beſitz ſtädtiſchen Rechtes und ſtädtiſcher Freiheit— ſo vielleicht wohl auch die Altſtadt. Kein Gründungsakt liegt bei ihr vor, ſondern allmählich vollzog ſich, ähnlich wie einſt bei Magdeburg , die Wandlung aus einer wendiſch⸗-dörflichen Siedelung zu einem Mittel— punkte für die Kirche, einem Marktflecken und endlich zu einer Stadt mit deutſchem Namen— als ſolche bezeugt in dem Privileg Biſchofs Siegfried von 1216. Daß in munterem Wechſel der Ort das eine Mal Parduin(ſo noch in der Urkunde von 1238, Riedel Vlll, 153), das andere Mal Brandenburg genannt wird, iſt nicht be— fremdlich, denn fließend waren in jener Zeit die Grenzen zwiſchen deutſchen und ſlaviſchen Ortsbezeichnungen, wie das Beiſpiel von Plötzin bei Potsdam erweiſt —«ein Ort, der zeitweilig als Reinoldsdorf auftrat, für den ſich aber im Gegenſatz zur Altſtadt ſchließlich wieder der alte ſlaviſche Name durchſetzte.
- Wie es in den ſächſiſchen Landen weſtlich der Elbe damals vielfach Brauch war, neben der alten Gemeinde eine neue, völlig unabhängige zu begründen(Quedlinburg , Hildesheim , Herford , Braunſchweig ), ebenſo wie in dem Gebiete zwiſchen Saale und Lauſitzer Neiße , z. B. in Altenburg , neben eine ältere, kleinere, allmählich erwachſene Marktſiedelung eine jüngere, geräumige, auf vorbedachtem Plane beruhende Anlage trat,) iſt auch in Brandenburg ſeit dem Ende des 12. Jahrhunderts eine Neuſtadt auf dem linken Havelufer nachweisbar, nova civitas Brandeborch in der Urkunde der Markgrafen Otto und Albrecht von 1196 genannt.) Sie iſt von vornherein als eine Siedelung von deutſchem, ſtädtiſchem Gepräge anzuſehen; an dörfliche Antezedenzien, eine Entwickelung aus einer Landgemeinde erinnert nur die Tradition— man denke an die Straße „Deutſches Dorf“! Vermutlich hat ein wendiſcher Kietz in der Gegend des
) Vgl. Rietſchel, Markt und Stadt(4897), S. 124; Rietſchel, Hiſtor. Ztſchr.,, 102. Bd., S. 255; Kretzſchmar im 75. Heft von Gierckes Unterſuchungen, S. 104. ) Vgl. v. Heinemann, Cod. dipl. Anh. I., 523 – 52e5, nach dem Original in Magdeburg (fehler: hafter Abdruck bei Riedel, 3. Abtlg. l, 2— 9. Kunſtdenkm. d. Prov. Brdbg. II. 3. Stadt und Dom Brandenburg . il.