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XL Stadt und Dom Brandenburg .
unheilvoll). Nachdem das Domkapitel bereits ſeit langem unter„gartenden“ Soldaten zu leiden gehabt hatte, erſchien im März Oberſt Karpzow im Auftrage Mansfelds zur Unterhandlung wegen Beſetzung der Stadt. Allgemeine Hilfs— loſigkeit! Der General erlangte für feinen Stab täglich 300 Taler, und Rech— nungen des Domkapitels legen Zeugnis von ſeinem üppigen Wohlleben ab. Dazu zeigte ſich noch die Peſt im Juni zunächſt in der Altſtadt, ſprang dann Mitte Juli auch auf die Neuſtadt über und raffte hier 950, dort 576 Perſonen, etwa ein Achtel der anſäſſigen Bevölkerung, dahin. Nach einem Magiſtratsberichte vom Ende Juni fehlten in der Altſtadt 200, in der Neuſtadt ſogar 400 Bürger. Im ſelben Jahre noch näherten ſich auch die Kaiſerlichen. Vergebens flehten die acht Gewerke in einem mit ihren Siegeln verſehenen Schreiben die Regierung um Schutz an.) Denn Anfang November„loſierte“ Oberſt von Fahrensbach etwa 1400 Mann in den Schweſterſtädten ein und äußerte den Geheimen Räten gegenüber, „er achte die Kurfürſten des Reiches nicht höher als den Bürgermeiſter von Beeskow “. Nach einer Koſtenberechnung über die dreizehn Monate dauernde Einquartierung hatte 1628 die Neuſtadt insgeſamt 102799 Taler eingebüßt. Nachdem Guſtav Adolph im Juni 1630 Brandenburg beſetzt hatte, wurden die Städte, ähnlich wie einſt im 12. Jahrhundert, von den Parteien heiß umſtritten und hatten mehrfache Belagerungen, das eine Mal durch die Schweden , das andere Mal durch die Kaiſerlichen, zu erdulden. Im April 1632 klagte der Rat der Altſtadt dem Kurfürſten, daß nur noch vierzig Bürger anweſend ſeien und von dieſen wieder nur die Hälfte„zur rechten Zeit das liebe tägliche Brot“ hätte. Am 11. Dezember desſelben Jahres wurde die Leiche des Schwedenkönigs in der Katharinenkirche niedergeſetzt. In den Stürmen des Krieges ging auch die Plauer Havelbrücke in Flammen auf, ſo daß die alte Handelsſtraße rechts der Havel ungangbar ward; die Kaufleute zogen nunmehr durch die Neuſtadt. Daher waren im März 1633 in der Altſtadt 165 Häuſer völlig verfallen und weitere 65 ſpurlos verſchwunden.) Im April 1638 ſtanden in der Neuſtadt 143 Häuſer aufrecht, ein knappes Fünftel des ehemaligen Beſtandes; „ledig“, d. h. unbewohnt waren 345 Häuſer, fo daß 1640 der Rat in der Brüder⸗- und Heideſtraße auf einmal fünf wüſte Stellen für 400 Taler verkaufen konnte;) die ausgehungerten Soldaten des kaiſerlichen Generals Gallas verzehrten menſchliche Leichname. Im Februar 1642 erſchien der kaiſerliche Proviantkommiſſar Zacharias Wegner in der Stadt und forderte 124 Wiſpel Korn, etliche Hundert Tonnen Bier, dazu auch Hering,
1) Geh. Staatsarchiv, Rep. 21. 144; über die Wehrkraft um 1525 vgl. v. Bardeleben, 36, 37. Jahresbericht des Hiſt. Vereins zu B.; über das folgende vgl. Gebauer Brandbg.⸗-Preuß. Forſchungen XXII, 4 ff); ferner Theatrum Europäum I, 922, und endlich Gebauer: 29/380. Jahresber, S. 41; (auf Grund von Akten im Domarchiv, Tit. VlIh.
2) Geh. Staatsarchiv, Rep. 21. 9; vgl. Siegeltafel VIII.
3) Vgl. Schilderung der Notſtände durch den kurfürſtlichen Kommiſſar Wernicke(Geh. Staatsarchiv, Rep. 21. 10).
4) Vgl. über den Rückgang der Bevölkerung Urk. u. Akten zur Geſch. des Kurfürſten Friedrich Wilhelm, X, 114; Behre, Geſch. der Statiſtik, S. 58.