Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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XLII
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XLII Stadt und Dom Brandenburg .

Der Kurfürſt erteilte 1664 dem Buchdrucker Matthias Möller ein Privileg, ſpendete 1672 der Neuſtadt Bauholz für ihren Rathausturmbau, gewährte 1685 in einem Schlußrezeß auch dem Bürgermeiſter und den Ratsverwandten ein Gehalt, beſtätigte den neuen Bürgerausſchuß der Achtzehner; erempfahl 1667 den Bürgern der Neuſtadt einen reformiertenGlaubensgenoſſen zum Bürgermeiſter und erzwang 1693 in jeder der beiden Städte ſeinem Kandidaten den Eintritt in das Ratskolleg. Der Sattlerinnung befahl er die Aufnahme eines Mitgliedes, ſich über die Zunft­beſtimmungen hinwegſetzend. Ein beſonders wichtiger Eingriff in die ſtädtiſche Ver­waltung war die Einführung der Akziſe. Die direkte Steuer der Kontribution, die auf den Hausgrundſtücken laſtete und monatlich in einer Höhe von gegen 300 Talern von der Altſtadt, 500 Talern von der Neuſtadt aufgebracht werden mußten, kam in Fortfall und wurde durch dieſe indirekte Steuer erſetzt, die man von den die Tore ein- und auspaſſierenden Waren erhob. So gewann jetzt das Befeſtigungsweſen aus finanztechniſchen Gründen als wirkſames Mittel zur Verhütung vonAcciſe­defraudationen eine erhöhte Wichtigkeit. Dasvornehmſte Fundament der Akziſe war laut Bericht von 1713(Acta Borussica l, 468)das Brauen. Weiß doch der alte Chroniſt Beckmann von dem Bier,der alte Klaus und der neue Klaus genannt,einem Hauptſtück der menſchlichen Geſundheit, Wunderdinge zu berichten!?)

Die Vereinigung beider Städte.

Eine der folgenreichſten Veränderungen wurde 1715 von oben her veranlaßt. Friedrich Wilhelms J. praktiſch⸗nüchternem Sinn widerſtrebten Streitigkeiten zwiſchen zwei im innerſten Grunde doch aufeinander angewieſenen Intereſſengruppen. Ein einfaches Mittel kannte er: Verſchmelzung, Vereinigung. Was er 1722 für die oberſten Finanzbehörden des Königreichs durchſetzte, erreichte er ſchon 1715 für die beiden Städte, die des vielhundertjährigen Haders noch immer nicht müde, nun endlich zum Frieden gezwungen und, ähnlich wie ſchon vordem die Gemeinweſen in Berlin und in Salzwedel , vereinigt wurden. Infolge desKombinationsreglements von 1715, das der König in ſeinem Lager vor Stettin unterſchrieben hatte, beſtand in beiden Städten nur noch ein einziger, die kirchlichen und Zivil-, die Kriminal- und Polizeiſachen verwaltender Magiſtrat, der in zwei Kollegien oder Senate, deren einem das Polizei⸗, dem andern das Juſtizweſen oblag, geteilt war. Vor allem wurde der Vettern- und Cliquenwirt­ſchaft gründlich geſteuert, der Rat von untauglichen Mitgliedern geſäubert und darauf gedrungen, daß tüchtige Leute, wenn nötig, von außerhalb herangeholt und lebens länglich angeſtellt werden ſollten. Niemand aus dem Kollegium, deſſen Sitz das Neu ſtädtiſche Rathaus wurde, durftebürgerliche Nahrung, die viele Reiſen erforderte, oder Schankwirtſchaft betreiben; die Beſoldung wurde neu geregelt.) Fortan führte die Stadt den NamenDie vereinigten Kur- und Hauptſtädte Brandenburg .

1) Protokolle und Relationen Il, 5 ff.; vgl. Gebauer, Brandenb.-Preuß. Forſchungen XXll, 78. 2) Geh. Staatsarchiv, Beckmanns Nachlaß, Rep. 92, Topogr. V, Nr. 5; vgl. auch Rep. 21. 9h Vgl. 26. 28. Jahresber. des Hiſt. Ver. zu B., S. 105; ferner Schmoller in der Ztſchr. für preußiſche Geſch. und Landeskunde X, 315 f., XI, 524.