Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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Kunſtgeſchichtliche Aberſicht. XXV

Profanbaukunſt.

Die profane Baukunſt Brandenburgs , obwohl an ſich nicht von der gleichen Bedeutung wie die auf kirchlichem Gebiete, vervollſtändigt, rundet und belebt doch erſt recht das Geſamtbild der gerade durch ihre alte Architektur ſo ausgezeichneten Stadt. Der Kranz ihrer Mauern und Türme, die beiden gotiſchen Rathäuſer und manches hohe Giebelhaus der Bürger geben in Verbindung mit den zahlreichen alten Kirchen ein noch immer prächtiges Bild einer alten norddeutſchen Stadt, das uns lebhaft genug an die glanzvollen Zeiten ihrer Vergangenheit mahnt.

Höchſt ſchätzbar find, zunächſt wegen teilweiſe vorzüglicher Erhaltung, die Kloſter bauten Brandenburgs. Sie vertreten im Domkloſter und dem von St. Pauli zwei weſent­lich verſchiedene Anlagen: dort noch die alte nach den Grundſätzen der Benediktiner , hier eine jüngere, umgewandelte nach den Bedürfniſſen und Aufgaben der Domini kaner; dort durch vielfache über Jahrhunderte ſich hinziehende Umbauten ſtark ver ändert, hier planmäßig fortſchreitend faſt in einem Zuge errichtet und von ſpäterer Benutzung nur wenig entſtellt. Bei beiden liegt gegenwärtig der Schwerpunkt des Intereſſes in den Kreuzgängen, dort in der ſchönen Ausbildung der Architektur, hier in dem maleriſchen Zauber des von den gewölbten Gängen und der Kirche um­ſchloſſenen, im Schatten ſeiner Bäume träumenden Kreuzgartens. Bei beiden nimmt der Weſtflügel eine Schule ein, doch nur die des einſtigen Dominikanerkloſters iſt alt. Sie gehörte zu den wichtigſten Bedürfniſſen der Predigermönche, die ihre Räume gegen 1500 noch durch einen anſehnlichen Bibliothekbau vermehrten.

Von den Tortürmen iſt keiner mehr erhalten, der in alter Weiſe den Torweg umſchloß, wie es einſt beim Annentor der Fall war. Die noch beſtehenden ſind eben wohl nicht die erſten, ſondern ſpäter Erſatz. Nur als trotzige Wächter ſtehen die teils viereckigen, teils in mächtiger Rundung aufgeführten Türme neben den zur Stadt hinein führenden Straßen. Vortore und Zwinger haben überall längſt dem Verkehr weichen müſſen, und nur aus älteren Abbildungen und Plänen erhalten wir Andeutungen über die weitläufigen Wehranlagen, die auch Brandenburg zum Schutze ſeiner Bürger vor ſeinen Toren errichtet hatte. Auffallend iſt die geringe Zahl von Weichhäuſern ſelbſt in den älteren Plänen. Sie erklärt ſich doch nur z. T. aus der waſſerreichen Umgebung der Stadt. Von einem Zinnenkranz der Mauer findet ſich auch nicht der kleinſte Reſt. Von Einrichtungen neuerer Befeſtigungsſyſteme blieb Brandenburg glücklicherweiſe verſchont.

Die Rathäußſer, nächſt der Befeſtigung einſt der größte Stolz der Bürger, gehören in ihrem Kern bereits der ſpäteren Zeit an, wo beide Städte ſchon die erſten Stufen einer Entwicklung im Handel wie im Gemeinweſen hinter ſich hatten. Dem ent ſpricht ihre für damalige Zeit ſtattliche Größe und die Anordnung ihres Inneren, bei dem indeſſen die Kaufhalle noch weitaus vorherrſcht. Dies trifft in erhöhtem Maße beim Rathauſe der Altſtadt zu, das wegen der äußerſt ſelten gewordenen Aus­dehnung dieſer Halle durch die Höhe der beiden Stockwerke bis zum Dach in der baugeſchichtlichen Entwicklung der Rathäuſer eine beſondere Wertſchätzung bean­