Kunſtgeſchichtliche Überficht. LXXVII
durchſetzt(Abb. 1146). Neu iſt an einigen namentlich die ausgeſchweifte Form des Giebelumriſſes und eine zierliche Pilaſterarchitektur an den Fronten, namentlich an den früher öfter vorgekommenen runden Erkern(Abb. 109). Den reichſten Schmuck des Hauſes bilden aber immer die prächtig ausgeſtatteten Portale, die wie z. B. am Karpzowſchen Hauſe(Abb. 119) die ganze Jugendfreude und Phantaſiefriſche des neuen Stiles an den Tag legen. Was hätte man nach einem ſo ſchönen Anlaufe alles vom Brandenburger Bürgerhauſe erwarten können! Aber die friſch belebte Freude am künſtleriſchen Schaffen, ja die notwendigſten Vorbedingungen dafür, vor allem der Wohlſtand der Bürger wurden bald durch die lange gefürchtete und ſchließlich hereinbrechende Schreckensnot des Dreißigjährigen Krieges vernichtet. Mit der wirtſchaftlichen Blüte ſank auch die der bürgerlichen Kunſt dahin. So beginnt erſt wieder nach einer Unterbrechung im Wohnhausbau von mehr als hundert Jahren, um 1723, der Bau ſteinerner Wohnhäuſer und zwar in ſehr bezeichnender Weiſe mit einem vom Könige unterſtützten Bau, dem ſog. Maſſowſchen Freihauſe in der Ritterſtraße(Abb. 122). Es folgt nun eine zwar mehr geſchloſſene, aber im ganzen nicht bedeutende Reihe von Beiſpielen für die Entwicklung bis ins 49. Jahrhundert, welche durch die Abbildungen 125 bis 142 und die im Texte dazu gegebenen Erläuterungen anſchaulich vorgeführt iſt. Nur ganz vereinzelt erheben ſich die Wohnhäuſer in Stattlichkeit und Aufwand zu der im 16. Jahrhundert ſchon erreichten Höhe. Der maleriſche, hochgipfelnde Aufbau der noch bekannten Renaiſſancehäuſer, die freilich faſt alle Eckbauten waren, iſt aufgegeben. Man legte nun grundſätzlich die Traufe an die Straßenſeite, der Hausbau beſchränkte ſein künſtleriſches Walten auf die Ausbildung einer Faſſade; dieſe aber, nun ausſchließlich in Putz ausgeführt, wurde von nun an mehr und mehr von maßgeblichen Vorbildern der Reſidenz abhängig.
Plaſtik und Malerei.
Altarwerke.
Die zahlreichen gotiſchen Altäre, welche in den Kirchen Brandenburgs , vor allem im Dome, erhalten ſind, werden hinſichtlich ihrer Werke der Plaſtik und Malerei an den ihnen zukommenden Stellen dieſer UÜberſicht beſprochen werden; die Art der Anordnung ihres Aufbaus erfordert indeſſen eine geſonderte Betrachtung.
In dieſer Hinſicht liegt der Schwerpunkt des wiſſenſchaftlichen Intereſſes bei dem in ſeinen verſchiedenen Teilen noch annähernd vollſtändig erhaltenen früheren Hauptaltare des Dom es. Es iſt ein Werk von etwa 1375, das vielfach irrtümlich als Sakramentsaltar angeſehen, doch nur eine ſeltene Art des Reliquienaltars dar— ſtellt. Sein Aufbau aus einem zierlich aus Holz gearbeiteten, ſchlanken, turmartigen Tabernakel und zwei ſich beiderſeits anſchließenden Bilderſchreinen vertritt einen ſonſt wohl nirgends wieder vorkommenden Typ und gewährt damit einen wichtigen Einblick in den Wandel der Grundlagen, die für die Kompoſition der Altäre im Mittelalter maßgeblich geweſen ſind.