Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
CXII
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Steinweg und Lange Brücke,

Zwiſchen beiden Städten (Venedig).

CXI Stadt und Dom Brandenburg.

Beim Ehebrecherturm mündete die Straße im 13. Jahrhundert auf einen gepflaſterten Damm(1320Steinweg genannt), den man quer durch das ſumpfige Vorland der Havel in der Richtung nach der Altſtadt aufgeworfen hatte. Wiewohl eine Brücke zwiſchen den beiden Städten erſt 1479 ausdrücklich genannt wird, iſt es doch ſelbſt­verſtändlich, daß der Damm bei ſeinen Unterbrechungen durch den Neuſtädter Stadt­graben und die Havel mittelſt Holzbrücken vervollſtändigt war. Ein Wagenverkehr beſtand hier i. J. 1320 ſchonvon Altersher. An derLangen Brücke, welche wohl ſchon ſeit dem Anfange des 13. Jahrh. denSteinweg mit der Altſtadt verband, ſtanden mehrere Mühlen. Die der Altſtadt zunächſt gelegene überließ Kaiſer Ludwig i. J. 1323 der Altſtadt; eine Lohmühle errichtete die Neuſtadt i. J. 1453 hier ihrer vereinigten Schuhmacher- und Gerberinnung. An der Brücke befand ſich ein Wehr (1360: Captura infra ambas Civitates Br. jacente in obula) zum Betrieb der Fiſcherei. Nordöſtlich, alſo oberhalb der Brücke, ſtand faſt mitten im Waſſer, doch etwas näher bei der Neuſtadt, das auf Pfählen errichtete Fachwerkhaus des BrandenburgerSchöppen­ſtuhls(1348 zuerſt genannt). Es war durch einen beſonderen brückenartigen Steg mit dem mittleren Teile der Brücke verbunden, der durch Zugbrücken von beiden Städten getrennt werden konnte. Das ſchon 1679 baufällige, 1680 aber wieder­hergeſtellte Gebäude kam i. J. 1700 durch einen Sturm zu Fall; ſeitdem hielt man die Zuſammenkünfte der Schöppen in dem oberen Zimmer des Mühlenhauſes, des ſpäteren landesherrlichen Akziſegebäudes(Hauptſteueramtsgebäudes) an der Ecke der Hauptſtraße und des Packhofs ab.

Der moraſtige Boden zu beiden Seiten desSteinwegs wurde: erſt allmählich durch Anlage von Wieſen und Gärten der Kultur gewonnen und erhielt im 13. Jahr­hundert die Bezeichnungzwiſchen beiden Städten(infra ambas civitates). Hier wurde ſchon Anfang des 14. Jahrhunderts der Fiſchmarkt der Neuſtadt abgehalten. Im Jahre 1455 war die Feſtigung des Erdreiches hier ſo weit vorgeſchritten, daß man dem Bedürfnis einer Bebauung dieſer verkehrsreichen Straße im Mittelpunkte der Geſamtſtadt nachgeben konnte. Als eine der erſten baulichen Anlagen der Gegend darf man wohl das ſteinerne Haus des St. Spiritushoſpitales der Neuſtadt(curia sancti Spiritus) anſehen, das 1309 als infra muros belegen angeführt wird. Die dazu gehörige Kapelle wird 1320 genannt und 1444 ihre Lagetuschen beiden steden bezeichnet(Riedel x, S. 161). Erſt ſpäter entſtand wohl in der Nähe das Eliſabeth⸗Hoſpital, das 1551 in den Beſitz der Neuſtadt kam und ſeit 1817 als Zeughaus benutzt wurde, während man das Hoſpital nach der Sieberſtraße verlegte. An der Stelle des alten Hoſpitals wurde im Jahre 1825 ein Theater errichtet, aus dem ſpäter ein Vereinshaus wurde. Zwiſchen beiden Städten lag auch eine Waffen­ſchmiede, die im Jahre 1467 genannt wird(Sello a. a. O., S. 177).

Der Stadtteil, welcher im Laufe der Zeit hier entſtand und größtenteils auf Pfählen errichtet war, erhielt aus dieſem Grunde im 18. Jahrhundert erſt zum Scherz, ſpäter offiziell den Namen Venedig. Er blieb außerhalb der Stadtmauer, war nur mit Palliſaden umgeben und von gewiſſen Handwerkern bewohnt, die zu ihrem Be­triebe das Waſſer bedurften, wie Gerber und Töpfer oder in der Stadt ſelbſt nicht