Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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4 Stadt Brandenburg.

breite Gurtbögen zu einem einzigen verbunden. Der große öſtliche Bogen des mittleren Raumteils bildet jetzt eine Niſche in der neuerdings hierher verlegten Bibliothek, darf᷑ aber als ehemals nach der Kirche offen angenommen werden. Der Raum war ur ſprünglich wohl als Fürſten- oder Biſchofsloge gedacht und ſpäter als Sängerempore in Gebrauch. Im Südturm wurde nachträglich aus Backſtein eine Treppe nach dem dritten Geſchoß eingebaut und unter dem Stichbogen, auf dem ſie ruht, wiederum ſpäter eine kleine Zelle wahrſcheinlich als Wachtraum eingerichtet.

Abgeſehen von dieſem Weſtbau wiſſen wir von der Anlage der alten Gotthardt kirche nichts Beſtimmtes und können nur nach den wenigen zeitlich und in Bezug auf die übrigen Verhältniſſe ihr naheſtehenden Bauten, wie Groß⸗Wuſterwitz und Zieſar, vermutungsweiſe ſchließen, daß fie eine dreiſchiffige Baſilika mit Querſchiff, ein: ſchiffigem Chor und drei öſtlichen Abſiden war.

Dritte Bauzeit. Mit dem dritten Geſchoß des Weſtbaues beginnt jetzt der Turm. Hier tritt nicht nur der Übergang von der reinen Granittechnik zu einer gemiſchten, die ſtellenweiſe den Backſtein zu Hilfe nimmt, ſondern auch der zu den Formen der frühen Gotik ein(Taf. 2). Dadurch iſt bezeugt, daß man auch noch um die Mitte des 13. Jahrh. an der nun einmal vorgezeichneten zweitürmigen Anlage feſthielt, obwohl die Kirche inzwiſchen, wie aus der Urk. von 1166 Riedel, Codex Vll, 107) hervorgeht, ihre Bedeutung als Stifts⸗- und Kathedralkirche verloren hatte und zu einer einfachen Pfarrkirche der Altſtadt herabgeſunken war. Schon die hochaufſteigenden Granitkanten des weſtlichen Fenſterpaares deuten den Fortſchritt des Stilempfindens an, das in den Spitzbögen aus Backſtein ſehr beſtimmt zum Ausdruck kommt. An den dreiübrigen Seiten hat der Raum breite Bogenöffnungen, die ſchon urſprünglich ſpitz geſchloſſen wurden, und zwar in den Scheitelteilen ebenfalls mit Backſteinen von 28. 13. 9 em. Die öſtliche iſt noch mit flacher Läuferſchicht umrahmt und bildet eine 1,50 m tiefe Niſche, in der(nach Adler und Wernicke in Bergau, S. 243) ein Altar geſtanden haben ſoll. Jetzt ſind indeſſen dort nur zwei Stufen quer durch die 2,20 m breite Niſche geführt und an dem durch die ganze Mauerſtärke gehenden alten Leibungsputz iſt zu erſehen, daß die Niſche erſt ſpäter durch eine dünne Vermauerung der urſprünglichen Bogen­öffnung entſtanden iſt. Als Kapelle kann der Raum überdies ſeit der Anlage des Mittelturmes wohl nicht gedient haben, da die Turmtreppe darin liegen und der Verkehr nach den Glocken und der Wachtſtube hindurchgehen mußte. Die Bögen der Nord­und Südſeite öffnen ſich jetzt gegen die Dachräume über den Stümpfen der geplanten Türme. Das Geſchoß hatte urſprünglich nur eine Höhe von etwa 4,50 m, ſo daß nahe der oberen Feldſteingrenze noch Reſte von Fenſterſpuren des nächſten erhalten blieben (Taf. 2). Es ſind zwei ſenkrechte Kanten, die weit voneinander nahe den inneren Turmkanten aufſteigen und in Verbindung mit dem unregelmäßigen Füllmauerwerk dazwiſchen vielleicht anzeigen, daß hier bereits eine breite Fenſtergruppe als Schallöffnung den Zwiſchenbau zum Abſchluß bringen ſollte. Seine Höhenlage erſcheint angeſichts der ſpäteren Hallenform der Kirche und ihres bedeutenden, alle drei Schiffe umfaſſenden Daches niedrig, würde aber dem Firſt der damals baſilikalen Kirche entſprechen.

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