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St. Gotthardtkirche. 5
Vierte Bauzeit. Daß die Doppelturmanlage jemals beendet worden ſei, iſt nicht wahrſcheinlich. Sie iſt vielmehr im 13. Jahrh.(nicht erſt nach Errichtung der Hallenkirche, wie Gurlitt, Städtebilder S. 18, annimmt) aufgegeben und der Weſtbau für einen Mittelturm abgeändert worden. Um einigermaßen günſtige Verhältniſſe für ihn zu gewinnen, mußten die Seitenteile tiefer liegen bleiben; von den halb vollendeten Türmen mußte daher je ein Stockwerk niedergelegt und durch nordſüdwärts gerichtete Satteldächer mit einfachen Blendgiebeln erſetzt werden. Der ſtehengebliebene rechteckige Mittelteil wurde durch die ein wenig ſchräg anſteigenden Wände der Glockenſtube(Taf. Y allmählich in eine quadratiſche Grundform gebracht. Bei den im Weſten und Süden noch rundbogigen Schallöffnungen kam noch, zur Erhöhung der Lagerfeſtigkeit, ein außergewöhnliches Backſteinformat von 44. 147.7 em zur Anwendung, und ein deutſches Band, deſſen Reſte gegenwärtig das vierte vom fünften Geſchoß trennen, bezeichnete ohne Zweifel im 13. Jahrh. den Abſchluß des Turmkörpers, deſſen Endigung ein ſpitzer hölzerner Helm gebildet haben mag.
Fünfte Bauzeit. Nachdem die Neuſtadt um das Jahr 1400 ihre alte aus Feldſtein errichtete Pfarrkirche durch einen höchſt aufwendigen Neubau erſetzt hatte, lag es für die Altſtadt nahe, dieſem Beiſpiele der ſtets eiferſüchtig betrachteten Schweſterſtadt zu folgen. Freilich war bei den erheblich beſcheideneren Verhältniſſen der Altſtadt eine weitaus ſchlichtere Faſſung für das Gotteshaus geboten; es handelte ſich bei ihm vornehmlich um eine Neugeſtaltung der räumlichen Anlage als ſolcher.
An der Weſtwand der Kirche ſüdlich der Orgelempore iſt eine gemalte, gegenwärtig durch eine zu öffnende Täfelung geſchützte Inſchrift teilweiſe erhalten, die den Schatz der Indulgenzen für einen Neubau der Kirche verzeichnet. Es ſind darin als Spender von Abläſſen angeführt:„Nicolaus papa V, Nicolaus cardinalis tituli sancti Petri ad vincula, Otto Magdeburgensis archiepiscopus, Jacobus Castellanus episcop., Hwilhelmus Callensis episcop. Witego Numburgensis(9) episcop., Thidericus Havelbergensis episcop., Burchardus, Merseburgensis episcopus, Johannis Len... ensis() episcop., Giselbertus, Halberstadiensis episcop., Ludovicus, Thidericus, Johannes, Stephanus, Theodoricus et Arnoldus... Die hier angeführten Indulgenzen ziehen ſich etwa von der Mitte des 14. bis gegen das letzte Viertel des 15. Jahrh. hin. Die Nennung des Biſchofs Arnold von Brandenburg(F 1485) ſowie der Platz bezw. das Mauerwerk, an dem die Inſchrift ſteht, laſſen mit Sicherheit erkennen, daß die Abläſſe auf den Bau der gegenwärtig noch vorhandenen Kirche abzielten und dieſer früheſtens zu Arnolds Zeit vollendet wurde.
Es war für die Gemeinde gewiß wünſchenswert, vorerſt einen wenn auch nur kleinen Teil der alten Kirche noch weiter zum Gottesdienſte benutzen zu können, und in der Tat geht aus dem Bau ſelbſt hervor, daß er nicht in einem Guſſe entſtanden iſt. Die zwei— abgeſehen von den Kapellen— nachweisbar verſchiedenen Bauzeiten von Oſt- und Weſtteil machen ſich zwar in den faſt völlig gleichartigen Anordnungen und Formen beider nur ſehr ſchwach bemerklich, treten aber doch in der nicht ſcharf geradlinig durchgeführten Mittelachſe der Kirche, ihren ungleichen Jochlängen(Abb. 2), den verſchieden profilierten Pfeilerbaſen und vor