Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Johanniskirche. 41

Dritte Bauzeit. Noch in den erſten Jahrzehnten des 15. Jahrh. iſt jeden falls der ſeitenſchiffartige Anbau zwiſchen dem Nordportal und dem oben als Gruft des Helias bezeichneten Raum dem dritten, vierten und halben fünften Joche des Hauptſchiffes vorgelegt worden. Die Nordmauern der beiden erſtgenannten Joche der Kirche ſchlug man zwiſchen den Strebepfeilern bis zur Gewölbehöhe des Anbaues heraus und ſtellte zu feiner Verbindung mit dem Hauptſchiff zwei breite Rundbogen­öffnungen her(Abb. 25, Schnitt). Unmittelbar darüber wölbte man zwiſchen den Strebepfeilern breite Spitzbögen, die dieſe Zwiſchenräume ſchloſſen und gleichzeitig den Kappen des Seitenſchiffs als Schildbögen dienten. An der Weſt⸗ und Nordwand ent­wickelte man die Schildbögen aus halbſteinigen Wandvorlagen. Dieſe wurden unter den dreiteiligen Fenſtern durch breit⸗ und flachgeſpannte Stichbögen verbunden, die im unteren Wandteil einen halben Stein tiefe Niſchen bilden. Die Gewolberippen ſitzen unmittelbar auf Konſolen mit gebuckelten Blättern. Die runden Schlußſteine ſind teils mit Roſen, teils mit zarten Maßwerkformen verziert. Das Außere bietet wenig Bemerkens­wertes. An der Oſtſeite des Anbaus hat ſich unter dem Schutze des Sakriſteidaches der in kleinen Vierblattformen gemalte Hauptgeſimsfries erhalten(Abb. 24).

Vierte Bauzeit. Nur wenig ſpäter ſchritt man dann zur weiteren Ausge­ſtaltung des Bauwerks durch Hinzufügen einer beſonderen Choranlage, deren es bis dahin noch immer entbehrt hatte. Man legte den Chor in anſehnlichen Maßen und in der bei Franziskanerkirchen öfter auftretenden Grundform eines Polygons von ſieben Seiten eines Zehnecks an, das nach Norden und Süden über die Flucht der Schiffs­mauern hinausragt, ſo daß eine Raumerweiterung von feierlicher Wirkung entſtand. Die im Unterteil der Chormauern angelegten gekuppelten Stichbogenfenſter in Ver­bindung mit Türſpuren in Galeriehöhe deuten auf die Planung einer ausgedehnten Emporenanlage im Chor, die geeignet iſt, an die doppelgeſchoſſige Hauptkirche des Franziskanerordens zu Aſſiſt zu erinnern. Am Außeren ſtrebte man namentlich für die Anſicht der Kirche vom Waſſer und von der Neuſtadt her eine großartigere Wirkung an, als die bisher turmloſe Kirche hatte bieten können. Man plante zu dieſem Zwecke in der Ecke, die das Chorpolygon mit der nördlichen Schiffswand bildet, einen ſchlanken Turm, der jedoch nicht einmal bis zur Höhe der Kirchenwände gedieh. Nur eine Wendeltreppe kam gegenüber am ſüdlichen Anſatz des Chores zur Ausführung. Die hochaufſtrebenden Oberfenſter des letzteren wurden ſehr einfach, aber wirkungsvoll profiliert; ihre Spitzbogenformen gerieten im oberen Teile auf­fallend ſteif. Für das Hauptgeſims wählte man einen kräftigen ſechs Schichten hohen Maßwerkfries(Abb. 23) in der offenbaren Abſicht, damit mehr in die Ferne zu

deren Malereien der Chroniſt vorher beſchreibt. Adler ſah aber die Inſchrift noch, wenn auch etwas verlöſcht, an der inneren Seite des Weſtgiebels(Backſteinbauwerke, S. 27, Anm. 4. Verfaſſer hat fie an dieſer Stelle nicht mehr ſehen können, ſondern nur zwei ſpätere, von Zimmerleuten angemalte über Dach­ſtuhlausbeſſerungen, glaubte ſie aber doch im Vertrauen auf Adler am Weſtgiebel annehmen und daraus ſchließen zu ſollen, daß die Jahreszahl 1422 ſich auf die Beendigung maſſiver Wölbungen und nicht auf die von Garcaeus beſchriebene gemalte Decke beziehe. Dieſe wäre dann erſt zwiſchen 1122 und der Zeit des Garcgeus, etwa Mitte des 16. Jahrh. an die Stelle jener getreten.