licher Wirkung zu bringen. Die Rippen ſitzen auch hier auf ganz vernachläſſigten, faſt roh wirkenden Kapitellſteinen. In der Mitte der Südſeite fehlte der Stützpunkt, was den Meiſter zu einer Sternbildung aus vielen Rippen veranlaßte, deren Zuſammenſchnitt einen größeren Schlußſtein oder Ring ſehr vermiſſen läßt. Die äußere Geſtaltung dieſer Kapelle (Taf. 14 u. 15) ſtellt nicht nur das vornehmſte Prachtſtück der Katharinenkirche, ſondern überhaupt den Gipfel der Zierkunſt im Backſteinbau dar. Gegenüber der Südkapelle des Langhauſes bekundet ſie einen entſchiedenen Fortſchritt. Vor allem gelang es Bruns: berg, den kraſſen Zwieſpalt, der dort(Taf. 13) noch zwiſchen Wandgliederung und Giebelanordnung herrſchte, aufs vollkommenſte zu löſen, indem er die für den Giebelaufbau erwünſchten ſchlanken Sechseckpfeiler ſchon gleich vom Grunde an in dieſer Form aufführte, im übrigen aber ihre Gliederung und ihren reichen Schmuck wie dort aus— bildete. Dafür entſtanden indeſſen hier aus der Grundform der Kapelle und ihrer Stellung zur Kirche andere Schwierigkeiten, die er mit Glück überwand. Die aus jener Grundform nämlich entſpringende verſchiedene Stellung der äußeren nördlichen Strebepfeiler brachte auch eine ungleiche Breite der im Innern gleichen Joche mit ſich, die von weitgehenden Folgen begleitet war. Sie war die Urſache, daß die zwei ſchlanken Giebel, die der Meiſter zwiſchen dem weſtlichen Hauptpfeilerpaar entworfen hatte, zwiſchen den beiden öſtlichen Pfeilern nicht die genügende Breite fanden. Er ſuchte dieſe wenigſtens annähernd dadurch zu gewinnen, daß er dieſes Giebelpaar ſchräg gegeneinander gewendet ſtellte. Doch mußten trotzdem noch die Kreiſe aller Roſetten verkleinert werden, wodurch ſich wiederum ſämtliche Höhen der Maßwerke verſchoben. Eine zweite Schwierigkeit war, die im Grundriß ausgeſprochene OſtWeſt⸗-Richtung der Kapelle für die Erſcheinung der Oberteile ſo zu drehen, daß der nordwärts aus der Hauptmaſſe der Kirche hervorſpringende Anbau in naturgemäßer Weiſe ſeine Stirn wie ſein Satteldach nach Norden wendete. Zur Behebung bzw. Milderung dieſer Widerſprüche kam dem Meiſter der außerordentlich reiche Schmuck und die freie Art der Faſſadenbildung vor den Giebeln ſehr zu ſtatten. Die Hauptform des Satteldaches verſchwindet hinter ihnen vollſtändig. Das unſymmetriſch über den öſtlichen polygonalen Teil hinweggeſchleifte Dach fordert eine derartige Ver: ſchleierung geradezu. Sie wird durch eine aus Pfeilern und Wimpergen zierlich gebildete, über Traufhöhe zum Teil freiſchwebende Galerie bewirkt, die dann zur möglichſten Herſtellung der Symmetrie auch auf der Weſtſeite wiederholt wird. Alle dieſe Ungleichmäßigkeiten und die zu ihrer Ausgleichung angewendeten Mittel— weit entfernt, den Geſamteindruck zu ſtören— erhöhen vielmehr außerordentlich die maleriſche Wirkung, bewahren den Bau vor dem Fehler trockener ſchulmeiſterlicher Korrektheit und umſpielen ſeine aufs höchſte geſteigerte zierliche Pracht mit jenem friſchen Reiz künſtleriſcher Unberechenbarkeit, die in Verbindung mit dem funkelnden Gewirr des Maßwerkfiligrans und farbenſatter blitzender Glaſurſteine eine geradezu bezaubernde Wirkung erreichen— kurzum: die Fronleichnamskapelle iſt trotz aller ſcheinbaren Mängel ein höchſt glücklicher künſtleriſcher Wurf, fo unwahr in ſich, fo überſchwenglich, aber auch ſo ſchön wie— ein Märchen. Dieſer herrliche Vorbau mit ſeinem Doppelportal am Fuße war einſt ſicher beſtimmt, durch eine Lücke der
Teil eines Werkes
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
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