Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
91
Einzelbild herunterladen

St. Nikolaikirche. 91

Im Weſten ſchloß man den Bau bis zur Balkenlage durch eine ſehr ſtarke Mauer ab, in der man zwei kleine, ſchon ſeit Beginn des Baues geplante Emporentreppen unter­bringen konnte. Sie werden im Innern von der breiten Rundbogenniſche aus betreten, welche die Mitte der Weſtmauer einnimmt und ſich nach außen in einem erheblich kleine­ren, ſeit lange vermauerten Weſtportale öffnete(Abb. 50 Grundriß, Abb. 51 Schnitt). Nachdem der Dachſtuhl aufgeſtellt worden, errichtete man die Giebel auch den öſtlichen erſt jetzt, wie am Charakter feines Bogenfrieſes kenntlich iſt. Ihm ſehr ähnlich wird der urſprüngliche Weſtgiebel ausgebildet geweſen ſein. Daß er oberhalb der Balkenlage nur die gleiche Stärke wie jener hatte, beweiſen ſchon die Zahlen an den Dach­bindern, welche im Weſten jetzt mit der Il beginnen, weil der erſte bei der ſpäteren Ver­ſtärkung des Giebels entfernt wurde). Jetzt erſt wurde aller Wahrſcheinlichkeit nach der Ausbau des Inneren vollendet, vor allem die Einwölbung. Die Apſiden erhielten die althergebrachten Halbkuppeln. Die beiden oblongen Felder des Chorraumes überdeckte man in urtümlicher Technik mit rippenloſen Kreuzgewölben, die eine nur im unteren Teile ſcharfgratige Durchdringung von ſteigenden Tonnen bildeten. Die Reihen bezw. die Fugen laufen bei den einen Stein ſtarken Gewölben(in der Grundrißprojektion) nicht ſchräg, ſondern mit den Mauern bezw. den Gurtbögen parallel. Inzwiſchen hatte ſich wohl das Bedürfnis herausgeſtellt, den Chorraum durch einen Lettner oder eine Brüſtung vom Schiff abzutrennen, ohne den unmittel­baren Zugang vom Chore zu den Seitenchören mit ihren Nebenaltären aufgeben zu müſſen. Um dieſem zu genügen, zog man noch ein Joch des Langhauſes zum Chore hinzu, wölbte es wie die beiden anderen nur notgedrungen ohne Schildbögen, und ſchloß es gegen Weſten durch zwei nachträglich heraufgeholte Pfeilervorlagen und einen mit Kämpfer verſehenen Spitzbogen ab, der nun die Stelle des eigentlichen Triumphbogens vertrat. Die Folge dieſer Anderung war, daß die beiden betroffenen Arkadenpfeiler weſtwärts verſtärkt wurden, und die beiden benachbarten Arkadenbögen ſchmaler als die übrigen wurden Abb. 50 und 54); den ſüdlichen wölbte man rund, den nördlichen ſpitz ein.

In der gleichen Weiſe wie der Chor wurden auch die letzten Seitenſchiffjoche über wölbt, nur mußte die Scheitellinie ihrer Kappen nach den Scheidebögen hin wagerecht ver­laufen, um nicht in deren lichte Offnung hineinzugeraten. Wurde nun der Lettner am Weſtende der gewölbten Teile quer durch die drei Schiffe der Kirche geführt, ſo waren nicht nur alle drei Chöre unter ſich verbunden und vom Langhauſe abgeſchloſſen, ſondern auch der Raum für die Geiſtlichkeit war erheblich vergrößert. Damals geſchah es vermutlich, daß man ſich zur vollen Durchführung der Abſicht entſchloß, den Höhen­unterſchied zwiſchen dem Chorfußboden und dem des neu hinzugezogenen Joches einigermaßen auszugleichen, ſelbſt unter Inkaufnahme des Übelſtandes, daß die Fundamente zu Tage kamen(ſiehe erſte Bauzeit).

Der infolgedeſſen nur ganz wenig über das Schiff erhobene Fußboden des Chores wurde mit dreieckigen Tonplatten von 46 em Seitenlänge belegt. An zweien der Arkaden­

) Dieſe Zählung bezeugt zugleich das höhere Alter des Dachſtuhls im Vergleich zum Turmbau.