Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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St. Marienkirche. 131

gänge in den Apſiden, die von Spitzbogen getragen wurden. Die Ausbildung der Innenarchitektur erinnert, wie ſchon Adler in ſeinem Nachtrage bemerkt, an die der Liebfrauenkirche zu Magdeburg nach ihrem Umbau in der erſten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Schon im Sinne der beginnenden Gotik iſt die bündelartige Gliederung der hoch­ſtrebenden Innenpfeiler durchgeführt, deren genaue Profile aus dem Heinßſchen Grundriß leider nicht zu erſehen ſind. Doch zeigt deſſen Längsſchnitt wenigſtens deutlich, daß die hochgehenden Dienſte der oberen Gewölbe frei aufſchoſſen, ohne von den Kapitellen unter den Emporen umgürtet zu werden. Die Brüſtungen der Emporen waren mit zierlichem Bogenfries(vielleicht dem in Abb. 84 links unten wieder gegebenen) und einem Reliefplattenfries darüber umſäumt.

Dem ganzen Syſtem der inneren Raumgliederung entſprechend waren die Lichts öffnungen in zwei Gaden angeordnet. Die Fenſter des oberen fügten ſich wie bei den gewölbten Baſiliken organiſch dem Gewölbeſyſtem ein und ſtanden dementſprechend durchweg zu je zweien gepaart, ohne jedoch unter einem Umfaſſungsbogen gekuppelt zu ſein. Die Sffnungen waren wegen der lichtſperrenden Emporen reichlich bemeſſen. Jeder Kappe entſprach ein Fenſterpaar. Um ſo eher konnte man den Untergaden auf die kleinen Spitzbogenfenſter der Hauptchorapſidiolen und zwei einzelne Rund­bogenfenſter an der Nord⸗ und Südſeite der Oſttürme beſchränken. Zu dieſen kamen nur noch wenige kleine Rund- und Vierpaßfenſter, fo daß die Außenmauern unten einen ziemlich geſchloſſenen Charakter bewahrten.

Ebenſo ſchlicht wie die Fenſtergewände ſcheint die Ausbildung der Portale geweſen zu ſein. Etwas widernatürlich iſt ihre Anordnung inmitten der Nord⸗ und Südapſis. Die Apſidenform, welche ihrem inneren Weſen nach vorzüglich zum hinteren Abſchluß der Räume geeignet iſt, tritt durch ihre äußerlich konvexe Grundform mit dem Gedanken der Zugänglichkeit in unſchönen Widerſpruch. Die Weſtniſche des Aachener Münſters wie die großen Kathedralportale laden durch die tiefe Höhlung ihrer Gewände zum Eintritt ein. Nichtsdeſtoweniger muß anerkannt werden, daß die Portale der Marienkirche beſonders für den Ein- und Austritt der Prozeſſionen ſehr günſtig lagen. Eines von ihnen wird in dem Gedichte des Prätorius von der Marienkirche alsPorta coeli angeführt.

Die äußere Gliederung der Umfaſſungsmauern beſchränkte ſich in anbetracht der hohen Lage des Bauwerks und ſeines reichen Aufbaus mit richtigem Takte auf wenige beſcheidene Verſtärkungsformen: ſchlichte flache Kantenſtreifen an den Turmecken und zierlicher profilierte ſchmale Liſenen an den Apſiden. Die in der Anordnung des Grundriſſes begründete unſymmetriſche Lage der Fenſter in den Weſttürmen verführte den Meiſter zu dem Verſuch, dieſe durch ſolche ſchmalen Liſenen auszugleichen(Abb. 78 und 79 ſowie Taf. 31). Er fiel wenig glücklich aus und führte nur zu neuen Widerſprüchen gegen die Ausbildung der oberen Turmteile.

Dieſe löſten ſich über dem Hauptgeſims der Kirche von deren Maſſe ab. Der Rundbogenfries des Geſimſes umzog auch die weſtlichen Türme, während er an den öſtlichen durch einen verzierten Plattenfries erſetzt war. Wenn irgendwo, ſo darf am eheſten an dieſer Stelle eine Unterbrechung des Baues angenommen werden. Indeſſen

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