Rathaus der Neuſtadt. 157
dunkle Gefängniszelle mit Tür und ſchmaler Schlitzöffnung nach dem benachbarten Vorraume hat ſich bis heute neben der Eingangstreppe des Kellers erhalten. Hinter dieſen an der Innenſeite der Giebelmauer belegenen Zellen beginnt eine mittlere Bogenſtellung von drei breiten Spitzbögen, welche die Holzſäulen für die Erdgeſchoßdecke trugen. Die Kellerräume erſtreckten ſich bis 1910 nur unter der vorderen größeren Hälfte des Hauptrechtecks, deſſen kleinere hintere Hälfte erſt im vergangenen Herbſte zum Keller ausgeſchachtet wurde. Dabei zeigte ſich, daß hier ſelbſt eine Mittelmauer oder ſonſtige Gründungen für Erdgeſchoßſtützen fehlten. Vielleicht darf man daraus ſchließen, daß dieſer Teil einſt die Höhe von zwei Stockwerken hatte und ähnlich dem Altſtädter Rathauſe innen mit Galerien umzogen war. Im Querbau am Markte befand ſich der Faßkeller für den hierüber im Erdgeſchoß belegenen ſog.„Zerbſter Keller“. Beide waren durch eine noch vorhandene Wendeltreppe in der Mauer verbunden..
Baugeſchichte.
Erſte Bauzeit. Von der mittelalterlichen Architektur des Außeren ſind an der vorderen Giebelfront nur wenige Reſte erhalten, nämlich im Erdgeſchoß: die zwei ſpitzbogigen Türöffnungen nebſt einer Kreisöffnung darüber und der umſchließenden Portalumrahmung, daneben die Blenden um die Erdgeſchoßfenſter und zwei profilierte aufſteigende Kanten von Blenden im Giebeldreieck(Abb. 92). Sodann zieht ſich an der Suͤdoſtſeite vom Frontgiebel bis an den Querflügel im Erdgeſchoß eine dichtgedrängte
Reihe ſchlanker Spitzbogenblenden mit wechſelnden Kantenprofilen hin, in denen die erwähnten ſchlitzartigen Fenſter ſaßen. Die ſchweren gekehlten Kämpfer der ſchmalen Pfeiler ſind offenbar erſt ſpäter angeſetzt, die Pfeiler ſelbſt aber z. T. durch die ſpäteren Rechteckfenſter beſeitigt. Die Horizontalgeſimſe ſind nur zu geringem Teile noch alt, das Obergeſchoß wurde aber im 18. Jahrhundert bis an das Hauptgeſims ganz verändert. Viel beſſer hat die einfach ausgebildete nordweſtliche Langſeite(Abb. 94 rechts) den urſprünglichen Zuſtand bewahrt. Hier erkennt man außer den Spuren der im Stichbogen geſchloſſenen Erdgeſchoßfenſter auch die ebenſo geformten des Obergeſchoſſes, die in größeren Stichbogenblenden ſaßen. Beide Stockwerke trennt ein Kaffſims mit Schräge und Waſſernaſe. Der hintere Teil des Rathauſes in Länge von etwa 20m zeigt ſtatt dieſes Profils an der Hofſeite eine gewöhnliche vorgerückte Schicht. Auch weichen hier die Fenſterachſen beider Geſchoſſe voneinander ab. Dieſe Verſchiedenheiten ſind bisher auf verſchiedene Bauzeiten gedeutet worden. Dafür fehlen indeſſen die entſcheidenden Merkmale, namentlich eine ſtärkere Scheidemauer im Innern an dieſer Stelle. Der hier außen im Obergeſchoß ſtehen gebliebene Pfeileranſatz beweiſt nichts, da ihm der ordnungsmäßige Verband mit der Mauer fehlt. Überdies tritt das betreffende Kaffſimsprofil auch an der Südoſtſeite des hinteren Teiles auf. Die Abweichungen erklären ſich daher lediglich als einfachere Ausſtattung der Hofſeite, oder hängen mit der oben vermuteten Raumgeſtaltung zuſammen. Am beſten iſt der hintere Giebel(Abb. 94 u. 95) erhalten. Das mittlere Portal mit ſeiner ziemlich flachen wimpergenartigen Verdachung und