Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
Seite
164
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Stadt Brandenburg .

Der Roland.

In bezug auf das Roland⸗Standbild der Neuſtadt enthält das alte branden­burgiſche Stadtbuch den Vers:.

O quater M que bis] locabatur forma Rulandi Brandeburgensis, augustus dat tibi mensis.

Danach iſt i. J. 1402(vgl. Sello, Märk. Forſch. XVII, S. 64) in B. zuerſt ein Roland errichtet worden. Nach einer bereits von Sello verworfenen Mutmaßung von Schill­mann(Geſch. der Stadt B., S. 551) wäre ſein Abbild in der Darſtellung eines mit Streitart bewaffneten Mannes an einem Kelche in der Paulikirche(aus d. J. 1563) erhalten.

Die gegenwärtig vorhandene Figur aus Sandſtein(Abb. 97) iſt laut einer auf der Rückſeite befindlichen Jahreszahl 1474 ausgeführt, vielleicht unter Anlehnung an den 1459 aufgeſtellten Magdeburger Roland(Sello). Sie hat mehrmals ihren Standort gewechſelt. Bis 1716 ſtand ſie mitten auf dem Platze nach der St. Annenſtraße vor dem Giebeſchen Hauſe, ſpäter vor dem Hauſe, in dem der Vorſchußverein jetzt ſeine Geſchäftsräume hat Jahres ber. d. Hiſt. Ver. zu B. 1894, S. XV). Neben ihr ſtand ein Wachthäuschen und ein Ziehbrunnen; das Geſicht wendete ſie dem Rathauſe zu. Als aber Militär nach B. kam und man die Straßenfein pflaſterte, wurde der Roland auf Veranlaſſung Friedrich Wilhelms I. von feinem früheren Standorte nach feinem jetzigen gerückt, um den Platz für die militäriſchen Übungen frei zu machen(Jahresber. d. Hiſt. Ver. zu B. 1884, S. ID. Die etwa 5,5 m große Figur ſteht auf einem etwa einen halben Meter hohen ſchlichten Sockel und hat zur Erhöhung ihrer Standfeſtigkeit hinter den Beinen eine Stütze bekommen. Sie beſteht aus drei oder vier Stücken. Die Fugen liegen unterm Geſäß, in der Taille und im Halſe(). Auf dem Haupte des Rieſen wächſt in einer 10 em tiefen Mulde ein kappenförmiger Buſch von Hauslauch oder Donnerbart, Sempervivum tectorum(Brandenburgia 1905, S. 462 und 1906, S. 470). Wahr­ſcheinlich war das Standbild urſprünglich bemalt; 1556 hat es eine Verſilberung er­halten(Dullo, Kommunalgeſch. von B., S. 328), bei ſeinem Platzwechſel im 18. Jahrh. wurde esmit dauerhafftiger Aſcherfarbe überſtrichen und der Küriß mit Gold aus­ſtaffiret(Fromme⸗Gottſchling, S. 158). Die hagere barhäuptige Geſtalt ſteht ſtraff aufgerichtet; die markigen aber jugendlichen Züge des Geſichts ſind von buſchigem Haar umwallt. Der gebeugte rechte Arm hält das blanke Schwert aufrecht empor, die linke Hand umfaßt den vorn am Wehrgurt befeſtigten Dolch. Für die Annahme, daß ſie einen kleinen Schild gehalten, bietet das Rolandſtandbild ſelbſt keinerlei Anhalt. Ein Schild an dieſer Stelle wäre aus dem Stein herausgearbeitet worden und wäre nicht abgebrochen oder hätte dann eine große merkliche Abbruchſtelle an den Schenkeln hinterlaſſen. Auch ſieht man der Hand deutlich an, daß ſie keinen Schildriemen gehalten hat. Der ganze Körper iſt mit einer ritterlichen Rüſtung bekleidet, die