Teil eines Werkes 
Bd. 2, Teil 3 (1912) Die Kunstdenkmäler von Stadt und Dom Brandenburg / unter der Schriftl. des Theodor Goecke bearb. von Paul Eichholz. Mit Einl. von Willy Spatz und Friedrich Solger
Entstehung
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Dom Brandenburg .

zweimal abgeſtuftem Gewände; denn die urſprüng­lichen kleinen Fenſter des Kapitels, von denen un mittelbar daneben noch eins erhalten iſt, konnten für den neuen Zweck nicht genügen. Die Nordmauer des Auditoriums iſt bis heute ohne Verbindungstür und deutet damit an, daß hier die Räume geiſtlicher Verwendung abgeſchloſſen waren und das Gebiet mehr äußerlicher Lebenshaltung begann.

Die geſunden Verhältniſſe und ſchönen Formen

A des Übergangsſtiles erkennen wir wie im neuen

ET ö Auditoriumfenſter auch in der öſtlichen Bogen­

im Inſpektionszimmer des Alumnats. architektur des Durchganges(Abb. 237). Sie iſt von

.. gleich wohltuender Erſcheinung wie die Oſtfront

der Bunten Kapelle und die Kryptenfenſter mit ihren gleichfalls gedoppelten

Bögen. Der Einklang der Formen wie die inneren praktiſchen und techniſchen Zu­

ſammenhänge dieſer Teile ſprechen für deren Entſtehen aus einem eingreifenden Um:

bau des Oſtflügels, der mit der Bunten Kapelle und Sakriſtei gleichzeitig und dem­nach um 1235 zu ſetzen iſt.

Im Obergeſchoß ſchloß ſich an die Sakriſtei zunächſt ein ſpäter mit Rund­bogentonne überwölbter Raum(Das jetzige Inſpektionszimmer des Alumnats), der mit jener durch eine jetzt vermauerte Spitzbogentür verbunden war und unter der BezeichnungGerkammer wohl als Veſtiarium für die prächtigen liturgiſchen Ge­wänder ſowie als Treſor für die heiligen Gefäße, die Leuchter, Prozeſſionskreuze und Fahnen diente. Hier, zwiſchen Kirche und Schlafſaal, war alles dies am ſicherſten aufbewahrt.! Die Kammer hatte an der Weſtſeite über dem Kreuzgangdache zwei ſchmale Spitzbogenfenſter(Abb. 239) mit dem bezeichnenden flachgiebelförmigen Schluß der inneren Niſchen, von denen eine z. T. noch frei liegt, die andere ſich durch feine Riſſe im Putze bemerkbar macht.

Der größte Teil des Obergeſchoſſes wurde ohne Zweifel durch den Schlafſaal (das Dormitorium) der Mönche eingenommen. Wir dürfen für ihn die z. 3. ſeiner Ausführung übliche zweiſeitige Beleuchtung der Dormente annehmen. Seine ur ſprünglichen Fenſter ſind zwar alle unter dem Putze verborgen und am Anfange des 18. Jahrhunderts durch große viereckige erſetzt; doch konnte der Verfaſſer eines von ihnen ſo weit frei legen, daß die zu erwartende ſchmale Spitzbogenform dafür ge­ſichert iſt. Ihre inneren Niſchen waren, wie anzunehmen iſt, denen in der Gerkammergleich. Bemerkenswert iſt, daß ſie anſcheinend nicht die ſonſt vorgeſchriebene Lage über Manneshöhe, ſondern in gewöhnlicher Brüſtungshöhe haben.) Der Mittelgang

Ihrer reichen Schätze wegen wurde die Gerkammer im Jahre 1412 von den Bürgern der Neuſtadt zur Deckung erlittenen Schadens mit Beſchlag belegt(Riedel IX, S. 93).

) Ob dieſe Fenſter dem erſten Bau oder dem Umbau angehören, würde nur durch Entfernung größerer Putzflächen feſtzuſtellen ſein.